Richard Strauss: Die Frau ohne Schatten; Stephen Gould (Der Kaiser), Camilla Nylund (Die Kaiserin), Wolfgang Koch (Barak, der Farber), Nina Stemme (Die Farberin), Evelyn Herlitzius (Die Amme), Sebastian Holecek (Geisterbote), Chor und Orchester der Wiener Staatsoper, Christian Thielemann; 3 CDs Orfeo C991203, Liveaufnahme 05/2019, Veröffentlichung 04/2020 (208') - Rezension von Remy Franck

Die Aufnahme, die Orfeo mit dieser Produktion von Die Frau ohne Schatten präsentiert, entstand live am 25. Mai 2019 – dem 150. Jahrestag der Eröffnung der Wiener Staatsoper.

Das Haus hatte für diesen Abend bekannte Sänger aufgeboten, und das hat sich ausgezahlt. Die eindeutig beste Leistung kommt von Nina Stemme in der Rolle der Färberin. Sie singt die vielseitige Rolle mit wechselndem Temperament zwischen lieblich und kratzbürstig, genauso wie es sich Strauss wohl ausgedacht hat. Die gestalterische Intelligenz und das theatralisch sichere Gespür der schwedischen Sopranistin sind hier wie in anderen Rollen unvergleichlich.

Camilla Nylund singt die Kaiserin mit einer genuin schönen und farbenreichen Stimme und gibt der Figur einen starken Charakter.

In der Rolle des Kaisers beeindruckt Stephen Gould mit einer schlanken, meistens sicher geführten Heldentenorstimme.

Leichte Einschränkungen muss man für die Amme von Evelyn Herlitzius machen, deren unteres Register nicht genügend Kraft hat, während die Spitzentöne manchmal schrill klingen.

Wolfgang Kochs Barak zeigt sich als perfekter Strauss-Sänger, darstellerisch wie stimmlich.

Für das, was aus dem Graben kommt, kann man nur Lob formulieren. Christian Thielemanns Dirigat ist phänomenal, und das Orchester blüht unter seiner Leitung zum Spitzen-Strauss-Orchester auf. Thielemann, der sich bei aller energischen Akzentfreudigkeit und praller Musizierlust auch als Meister zartesten, sensuellsten Ausdrucks erweist, bringt ungemein viel Atem und sehr viel Intensität in die Oper ein. Von den feinsten bis hin zu den kraftvollsten Passagen bietet das Orchester mit einer beeindruckenden Transparenz und Farbenvielfalt ein dramatisch spannendes Spiel. Thielemann, sein Orchester und seine Sänger liefern von der Geschichte um die Tochter des Geisterfürsten, die einen Kaiser geheiratet hat, danach aber weder Mensch noch Geist ist und somit auch keine Kinder haben kann, es sei denn, sie fände einen Schatten, eine grandiose Aufführung.

This recording  of Die Frau ohne Schatten was made live on 25 May 2019 – the 150th anniversary of the opening of the Vienna State Opera. The house had provided well-known singers for this evening and it paid off. The clearly best performance comes from Nina Stemme in the role of the Dyer. She sings the versatile role with changing temperament between lovely and scratchy, just as Strauss probably imagined it. The Swedish soprano’s creative intelligence and the theatrically confident feeling is incomparable here as in other roles.
Camilla Nylund sings with a genuinely beautiful and colourful voice and gives the Empress a strong character.
In the role of the Emperor, Stephen Gould impresses with a slender, mostly confident tenor voice.
Slight restrictions have to be made for Evelyn Herlitzius’ Amme, whose lower register does not have enough power, while the top notes sometimes sound shrill.
Wolfgang Koch’s Barak shows himself to be a perfect Strauss singer, both dramatically and vocally.
Christian Thielemann’s conducting is phenomenal, and under his direction the orchestra of the Vienna State Opera blossoms into a top Strauss orchestra. Despite the energetic accentuation and the opulent sound, he also proves to be a master of the most delicate, sensual expression, bringing an immense amount of breath and intensity to the opera. From the finest to the most powerful passages, the orchestra offers a dramatically exciting performance with an impressive transparency and variety of colours.

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