Dawid Runtz

Das Sinfonieorchester Liechtenstein war mit dem designierten Chefdirigenten Dawid Runtz zu Gast im Wiener Konzerthaus. Beim Empfang vor dem Konzert betonte der Botschafter des Fürstentums Liechtenstein in Österreich den engen kulturellen Kontakt zwischen Österreich und Liechtenstein. Dennoch kam es erst jetzt zu dem ersten Auftritt des Orchesters in Wien. Doch das war nicht verwunderlich, meint Uwe Krusch, der für Pizzicato das Konzert verfolgte, da das Orchester mit noch nicht einmal 40 Jahren noch jung ist.

Als Aperitif für den musikalischen Teil servierten die Gäste die Ouvertüre zu Schillers Demetrius des liechtensteinischen Komponisten Joseph Gabriel Rheinberger, der als der Herausragendste im Lande gilt. Das gut zehnminütige Stück bewies auch heute noch seine Qualitäten, die es schon zu seiner Entstehungszeit beim Publikum beliebt gemacht hatten. Eine handwerklich sehr geschickte Ausarbeitung und eine große Zahl musikalischer Ideen auf Basis eines klassisch ausgerichteten Musikgeschmacks boten einen gehaltvollen Einstieg in den Abend, der vom sofort hochpräsenten Orchester dargereicht wurde. Hört man eine so kompetent gelungene Umsetzung, ist nur schwer verständlich, warum Rheinberger kaum einmal gespielt wird.

Es schloss sich das Cellokonzert von Robert Schumann an. Solistin war hier die Belgierin Camille Thomas. Manchmal ist es die Bekleidung schon bemerkenswert. Thomas trug ein eigentlich ganz schlichtes schwarzes Kleid, das aber mit so viel Stoff aufgebauscht war, dass es in weiß als königliches Brautkleid mit Schleppe durchgegangen wäre. Mit diesem Ungetüm musste sie sich ihren Weg auf das Resonanzpodest und zurück bahnen. Jeder wie er mag.

Im Übrigen zeichnete sich ihr Auftritt durch eine reiche theatralisch wirkende Gestik und Mimik aus, die von einer insgesamt haltbaren Gestaltung des Soloparts begleitet wurde. Mit einer, man mag es sehr persönlichen Sicht auf das Werk nennen, absolvierte sie das Solo. Dank der außerordentlichen Aufmerksamkeit des Dirigenten und des Gastkonzertmeisters blieben Orchester und Solistin im Gleichklang.

Den eher höflichen als freundlichen oder gar begeisterten Applaus überhörte Thomas selbstbewusst und bot noch eine Zugabe vom Cellisten Pau Casals an.

Als orchestrales Prachtwerk folgte von Nikolai Rimsky-Korsakov die Suite symphonique Scheherazade. Auch diese Komposition von einer dreiviertel Stunde Dauer dirigierte Runtz, wie alle Werke des Abends, auswendig. Mit seiner ebenso sicher und deutlich markierenden wie auch elegant wirkenden Dirigierweise wusste der polnische Musiker, der ab dem nächsten Jahr Chefdirigent des Orchester sein wird, seine gestalterischen Ideen so zu vermitteln, dass er das Orchester zu einer famosen Leistung anspornen konnte.

Er vermittelte dem Ensemble den Weg in eine elastisch pulsierende Interpretation, die vor allem den Eindruck der Wogen des Meeres so anschaulich machte, als ob man mitten im Geschehen dabei wäre. Damit erreichten sie auch, dass es keine monoton oder gar mechanisch wirkenden Momente zu erleben gab, sondern immer präzise und erlebnisreich gestaltete Musik.

Dabei hatte Runtz Unterstützung durch Roman Simovic, der als Gastkonzertmeister vom ersten Pult aus ebenfalls koordinierend und animierend agierte. Simovic kam hier, sonst Konzertmeister des London Symphony Orchestra und solistisch aktiv, bekanntermaßen noch die Rolle der erzählenden Scheherazade mit vielen Solopassagen zu, die teilweise auch mit Harfenklängen unterfüttert wurden. Überlegen in der Interpretation ließ er den Klang seiner Stradivari erstrahlen und bot genussvoll schmeichelnde Augenblicke.

Diese vorangestellten Bemerkungen zu Dirigent und Gastkonzertmeister sollten aber nicht darüber hinweg täuschen, welch großartige Leistung das Orchester insgesamt vollbrachte. Immer hochkonzentriert und motiviert folgten sie dem Dirigat und wussten die Phantastik und das üppige Kolorit prachtvoll, aber nie brachial auszukosten. Neben prägenden Leistungen der Stimmgruppen ließen immer wieder feine Soli aufhorchen. Neben kleineren Soli des Cellisten sicherten vor allem die Holzbläser den höchst positiven Eindruck, der von den Darbietungen der Blechbläser ergänzt wurden. Die schon erwähnten Töne der Harfe und wie auch das Spiel der Schlagwerkgruppe vervollständigten die Gesamtschau zu einem runden Ganzen.

Bei so einem überzeugenden Zusammenwirken brachten die Gäste viel Freude in den großen Saal des Wiener Konzerthauses und die Hoffnung, dass der künftig gemeinsame Weg von Dirigent und Orchester noch eine Vielzahl so überzeugender Musikerlebnisse bieten wird.

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