Franz Schubert: Streichquartette Nr. 4 C-Dur, D. 46, Nr. 14 d-Moll D. 810 Der Tod und das Mädchen, Quartettsatz c-Moll D. 703; Quatuor Arod (Jordan Victoria, Alexandre Vu, Violine, Tanguy Parisot, Viola, Samy Rachid-Sahrane, Cello); 1 CD Erato 542552; Aufnahme 07/2020, Veröffentlichung 02/10/2020 (71'08) – Rezension von Uwe Krusch

Wie schon das Auryn Quartett vor gut zwei Jahrzehnten mit seiner Gesamtaufnahme der Quartette von Franz Schubert hat sich jetzt auch das Quatuor Arod drei Werke dieses Komponisten aus verschiedenen Epochen seines Lebens genommen und auf einer Aufnahme zusammen oder auch gegeneinander gestellt. Neben dem berühmten d-Moll-Werk, das hier den Reigen eröffnet, sind es der Quartettsatz, ebenfalls in Moll, und das frühe C-Dur Quartett.

Das Quartett ‘Der Tod und das Mädchen’ beginnt mit einem sehr ambitioniert wirkenden Tempo, das aber trotzdem nur hurtig drängend und nicht überhastet erklingt. Dieser Ansatz wird den gesamten Satz durchgehalten und liefert sehr schöne Passagen, aber auch einige wenige Momente, in denen die Ausformung der Gestaltung ein wenig oberflächlich erklingt. Aber insgesamt zeigt der Kopfsatz eine in sich geschlossene Struktur, die mit ihrer Dramatik und Farblichkeit überzeugt. Der zweite, der Variationssatz, zerfällt dann nicht nur aufnahmetechnisch, jede Variation hat ihren eigenen Track, in seine Bestandteile. Das Thema wird in schöner und überzeugender Weise vorgestellt. Und es folgt mit der Variation 1 ein wiederum zügig gespielter Satz, der aber vom Quatuor Arod in überwältigender Tiefe und Breite der Empfindungen mit spieltechnischer Überlegenheit entfaltet wird. Das ist sehr beeindruckend. Die Variation 3 dagegen kratzt dagegen für mich am Firnis und berührt mich überhaupt nicht. Während die ersten beiden Sätze mit ihrer Spieldauer nicht aus dem Vergleich anderer Einspielungen herausragen, sind die beiden letzten Sätze schneller. Das Scherzo des dritten Satzes wirkt in dem zügigen Tempo noch beherrschbar. Das Presto des Schlusssatzes wirkt dann aber wirklich überdreht. Natürlich entfaltet dieses rasante Spiel auch seinen nicht zu leugnenden Reiz. Aber die Detailarbeit gerät dadurch ins Hintertreffen. Und das belastet dann sowohl die Durchhörbarkeit als auch die Tiefe des Ausdrucks. Nun ist ein Presto ein schnelles Tempo, aber jeder muss sein Presto spielen, das er ausdrucksvoll darstellen kann.

Im Quartettsatz geht die Eile sogar so weit, dass sie mit weniger als achteinhalb Minuten zwei Minuten unter der Spielzeit des Kodaly Quartett und gut dreißig Sekunden unter dem Auryn bleiben. Diese Eile geht leider wieder zu Lasten der Tiefe des Ausdrucks. Wenn sie auch spielerisch keine Schwächen offenbaren, so durchdringen die Arods das Stück nicht in seiner Ausdruckstiefe. Es bleibt plakative Eleganz und beachtenswerte Beherrschung, aber es fehlt die seelische Beanspruchung.

Zum C-Dur Quartett ergänze ich nur, dass mitunter nicht nur das Tempo zugespitzt erscheint, sondern auch hier gelegentlich der Ausdruck gesucht wird, wo er natürlich kommen sollte.

Und wie soll man so eine Aufnahme bewerten? Mit Supersonic wegen der unbestreitbar fantastischen Momente und der insgesamt gelungenen Interpretation? Oder mit einer anderen Punktzahl, wie geschehen, wegen der ebenso unzweifelhaft weniger interessanten oder auch überzogenen Momente? Irgendwie werde ich beim Quatuor Arod, dessen Aufnahmen ich schon mehrfach verfolgt habe, den Eindruck nicht los, dass sie ein riesiges Potential haben, dieses aber nicht durchgehend heben können. Das ist sehr schade, aber die Vita des Quartetts ist noch kurz und wir hoffen auf Entwicklungsmöglichkeiten. Vielleicht darf man diesen Franzosen ein etwas mehr ‘Laissez-faire’ zurufen, denn manches wirkt überengagiert.

The Quatuor Arod plays three Schubert works from different periods of his life. In addition to the famous D minor work, which opens the CD, the Quartet Movement, also in minor, and the early C major Quartet have been recorded.
The quartet ‘Death and the Maiden’ begins with a very ambitious-looking tempo, which nevertheless only is hurriedly urgent and not overhasty. This approach is maintained throughout the movement and delivers very beautiful passages, but also a few somewhat superficial moments. But all in all the first movement shows a self-contained structure, which convinces with its drama and colourfulness. The second, the variation movement, then disintegrates into its own components. The theme is presented in a beautiful and convincing way. Variation 1 is followed by another quickly played movement, which however is unfolded by the Quatuor Arod in overwhelming depth and breadth of feeling with technical superiority. This is very impressive. Variation 3, on the other hand, scratches the varnish and does not touch me at all. While the first two movements with their playing time do not stand out from the comparison of other recordings, the last two movements are faster. The scherzo of the third movement seems to be controllable in this fast tempo. The Presto of the final movement, however, looks really overexcited. Of course, this rapid playing also unfolds its undeniable charm. But the details are missing. And this then burdens both the transparency and the depth of the expression. Now, a Presto is a fast tempo, but everyone has to play his Presto so that he can represent it expressively.
In the Quartet Movement D 703, the haste even goes so far that, at less than eight and a half minutes, the Arods need two minutes less than the Kodaly Quartet and a good thirty seconds less than the Auryn. Unfortunately, this haste is again at the expense of the depth of expression. Although the Arod Quartet does not reveal any weaknesses in their playing, it does not render the depth of the piece’s expression. What remains is striking elegance and remarkable mastery, but the mental strain is missing.
To the C major Quartet I only add that sometimes not only the tempo seems to be exaggerated, but the performance clearly lacks expressivity.
So, how should one evaluate such a recording? With much praise, let’s say a Supersonic, because of the undeniably fantastic moments and the overall successful interpretation? Or with a different score because of the equally undoubtedly less interesting or even exaggerated moments? Somehow I can’t shake off the impression that the Quatuor Arod, whose recordings I have followed, has enormous potential but can’t lift it all the time. That is a great pity, but the quartet’s vita is still short and we hope for development opportunities. Perhaps one may call these Frenchmen a little more ‘laissez-faire’, as they sometimes seem over-enthusiastic. We give just four quavers.

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