Anton Bruckner: Symphonie Nr. 5 (Version 1878); Tapiola Sinfonietta, Mario Venzago; 1 CD cpo 777 612-2; 3/14 (60') – Rezension von Alain Steffen

Venzagos Gesamteinspielung aller Bruckner-Symphonien wird mit dieser wohl aufregendsten, stimmigsten und überzeugendsten Einspielung der Post-Wand-Ära abgeschlossen. Die hier vorliegende Aufnahme der Fünften würde ich zudem noch als besonderen Glücksfall bezeichnen. Diese Symphonie, die von so vielen als sperrig und schwierig angesehen wird, klingt bei Venzago ungemein schlank und – so gewagt der Vergleich auch sein mag – mit Brahmsschem Charakter.

Der Schweizer Dirigent erreicht ein Maximum an Transparenz, so dass sich die Melodien sehr schlank entwickeln und sich filigran in das gesamte Klangbild einfügen können. Die zum Teil schwer wirkende Opulenz, die wir von Dirigenten wie Furtwängler, Jochum, Karajan und Maazel kennen, weicht einem klassischen, wendigen Klangbild, das sehr natürlich und niemals forciert wirkt.

Die Verpflichtung der Tapiola Sinfonietta anstelle eines stark besetzen Symphonieorchesters hat viele Vorzüge, insbesondere, weil Venzago sich für die Originalversion von 1878 entschieden hat.

Während Thielemann mit der Staatskapelle Dresden ganze 82 Minuten, Günter Wand in seiner legendären Harmonia Mundi-Einspielung von 1976 immerhin 75 Minuten braucht, kommt Venzago mit gerade einmal 60 Minuten aus. Die straffen Tempi und das wendige, dynamische Orchesterspiel geben der Symphonie einen ganz neuen, lebendigen und klammermusikalischen Charakter. Insgesamt besticht diese Fünfte durch eine sehr hohe Musikalität, bestens ausgewogene Proportionen und ein wundervolles Orchesterspiel. Eine Fünfte mit Referenzcharakter, die unbedingt neben den ganz großen und legendären Einspielungen ihren Platz bekommen muss.

In just 60 minutes, Mario Venzago and his alert, dynamic orchestra confer a quite new character to Bruckner’s Fifth symphony. An amazing recording!

 

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