Igor Kuljeric: Croatian Glagolitic Requiem; Jakov Gotovac: Hymne an die Freiheit; Kristina Kolar, Eric Laporte, Annika Schlicht, Ljubomir Puskaric, Chor des Bayerischen Rundfunks, Münchner Rundfunkorchester, Ivan Repusic; 2 CDs BR Klassik 900331; Aufnahme 02/2020, 02/2019, Veröffentlichung 07/2020 (61'20) - Rezension von Remy Franck

Das Glagolitische Requiem des kroatischen Komponisten und Dirigenten Igor Kuljeric (1938–2006)  wurde 1996 uraufgeführt. Das Requiem entstand, so Kuljeric, « aus dem tiefen Wunsch, etwas zum Klingen zu bringen, das ich schon in meiner Jugend gehört und von da an in mir getragen habe, als die glagolitischen Riten ein wundersames Echo in mir fanden“.

Der Titel der Komposition bezieht sich auf die Verflechtung der glagolitischen Melismen des kroatischen Mittelmeerkreises mit der Architektur und Form des lateinischen Requiems. Die altslawische glagolitische Schrift ist seit der Unabhängigkeit Kroatiens (1991) ein Symbol der kulturellen und nationalen Identität des Landes. Auch in diesem Kontext muss Kuljerics Requiem gesehen werden.

Auffallend im Introitus und im Tractus ist eine sehr gefühlvolle Musik, die in dieser Aufführung sehr bewegend wird. In der Sequenz, mit Dies Irae und Tuba mirum, zeichnet Kuljeric ein aufgewühltes Bild des Jüngsten Gerichts, während im weiteren Verlauf dieses Requiem-Teils der Gefühlsausdruck zwischen feinstem Klagen sowie Furcht vor dem Tod und seinen Ungewissheiten wechselt, ehe betendes Flehen inbrünstig die Rettung der Seelen beschwört und in das zuversichtliche und sehr vitale Sanctus mündet. Im abschließenden Agnus Dei verdichtet sich die Hoffnung auf Seelenfrieden verbunden mit der Aussicht auf ein Leben nach dem Tod im  ewigen Licht Gottes. Dirigent Ivan Repusic scheint diesen positiven Schluss unterstreichen zu wollen, indem er dem Requiem von Kuljeric den kurzen, imposanten Vokalsatz ‘Hymne an die Freiheit’ von Jakov Gotovac folgen lässt.

Diese CD von BR Klassik erlaubt es uns also nicht nur, ein wirklich hervorragendes Werk wie das Glagolitische Requiem zu entdecken, sondern die Musik in einer einfühlsamen, packenden Interpretation zu hören. Repusic bringt die Musik nicht einfach nur zum Klingen, er verstärkt  ihre Wirkung durch emotionale Intensität und zeigt so, wie der Komponist dem Requiem-Text eine überraschende Bedeutung abgewinnt und ihn in einem speziellen Licht erscheinen lässt.

In seiner Interpretation wird Repusic bestens unterstützt von ausnahmslos guten Solisten, dem exzellenten Chor des Bayerischen Rundfunks und dem sehr engagiert mitwirkenden Münchner Rundfunkorchester.

The Glagolitic Requiem by the Croatian composer and conductor Igor Kuljeric (1938-2006) was first performed in 1996. The Requiem, according to Kuljeric, « arose from the deep desire to make something sound that I had heard in my youth and carried in me from that moment on, when the Glagolitic rites found a wondrous echo within me ».
As the title says, the composition is linking the Glagolitic melismas with the architecture and form of the Latin Requiem. The Old Slavic Glagolitic script has been a symbol of the cultural and national identity of Croatia since its independence (1991). Kuljeric’s Requiem must also be seen in this context.
Introitus and Tractus are immediately appealing as a very emotional music, which becomes deeply moving in this performance. In the sequence, with Dies Irae and Tuba mirum, Kuljeric paints an agitated picture of the Last Judgement, while in the further course of this part of the Requiem the emotional expression alternates between the finest lamentation and the fear of death with all its uncertainties, before supplication fervently conjures up the salvation of souls. After the confident and very vital Sanctus the concluding Agnus Dei brings peace and the prospect of life after death in the eternal light of God. The Requiem thus closes with positive visions. Conductor Ivan Repusic underlines this by adding the short, impressive vocal movement Hymn to Freedom by Jakov Gotovac.
So this CD allows us not only to discover a truly outstanding work, but also to hear this music in a sensitive, gripping interpretation. Repusic enhances the music’s impact through emotional intensity, showing how the composer wins a surprising meaning from the Requiem text and lets it appear in a special light.
In his interpretation Repusic is best supported by good soloists, the excellent choir of the Bavarian Radio and the very committed Munich Radio Orchestra.

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