Frédéric Chopin: Ballade Nr. 4 op. 52 + Mazurkas op. 24 & op. 30 & op. 63   + Polonaise op. 44 + Prélude op. 28/7 + Barcarolle op. 60 + Berceuse op. 57 + Nocturne op. posth. + Valse op. 69/1 (L’Adieu): Gaspard Dehaene, Klavier; 1 CD 1001 Notes 16; Aufnahme 11.2020, Veröffentlichung 28.01.2022 (69'45) - Rezension von Remy Franck

Dass Gaspard Dehaene, so wie ich ihn kenne, ein guter Chopin-Interpret sein müsste, davon ging ich aus, als ich diese CD in den Player schob. Und ich hatte mich nicht geirrt. Er spielt einen unaufgeregten, aber immer wachen und dynamisch sowie vor allem in den Tempi fein nuancierten Chopin. Allein die Art, wie er die Polonaise oder die Barcarolle differenziert, zeigt sein interpretatorisches Raffinement. Nicht Kraft oder gar symphonischer Klang sind hier das Ziel, sondern ein sehr sensibles und fast suchendes Musizieren mit einem besonders ausgeklügelten Rubato.  Dabei hütet sich Dehaene vor allzu viel Gefühl, auch wenn er stark in sich gekehrt spielt. Sein Chopin ist – und das passt gut zu dieser Programmauswahl – leidenschaftslos, aber nie oberflächlich, weil er gut mit den Tempi sowie mit Licht und Schatten spielt und trotz des Rubatos in einem doch sehr natürlichen Phrasieren eine perfekte Ausgewogenheit der Kontraste erreicht.

Und so begegnet er ganz sicher auch Chopin, einem blassen, eher schwachen und resignativen Menschen mit einer feinen und reichen Musikalität. Viele Zeitgenossen und auch Liszt berichten, dass Chopin fast immer kontrolliert war, bemüht, Contenance zu wahren, obwohl er sehr gerne tanzte und auch sehr witzig sein konnte. In einigen Werken hat er seine Leidenschaften zügellos werden lassen, aber meistens – und dieses Programm von Gaspard Dehaene zeugt davon – hat er seine Gefühle und innere Leidenschaftlichkeit in sublimierter Form zum Ausdruck gebracht. Dehaene beweist es mit einer herausragenden Leistung.

I assumed that Gaspard Dehaene, as I know him, must be a good Chopin interpreter. And I was not wrong. He plays an unexcited, but always alert and dynamically as well as especially in the tempi finely nuanced Chopin. The way he differentiates the Polonaise or the Barcarolle shows his interpretive refinement. The goal here is not power or even symphonic sound, but very sensitive and almost searching music-making with a particularly sophisticated rubato.  At the same time, Dehaene avoids too much emotion, even if he plays strongly introverted. His Chopin is – and this fits well with this program selection – dispassionate, but never superficial, because he plays well with the tempi, with light and shade and, despite the rubato, achieves a perfect balance of contrasts in a phrasing that is nevertheless very natural.
And so he certainly meets Chopin, a pale, rather weak and resigned person with a fine and rich musicality. Many contemporaries, like Liszt, report that Chopin was almost always controlled, willing to maintain composure, although he loved to dance and could also be very witty. In some works he allowed his passions to become unbridled, but mostly – and this program by Gaspard Dehaene bears witness to this – he expressed his feelings and inner passion in sublimated form. Dehaene proves it with an outstanding performance.

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