Thomas Hampson ist zur Zeit mit einer Neuauflage des Programms ‘No Tenors Allowed’ auf Tournee, mit dem er und Bass Samuel Ramey in den Neunzigerjahren Erfolg hatten. Diesmal ist Ramey nicht dabei, sondern Bassbariton Luca Pisaroni, Thomas Hampsons Schwiegersohn. Im Pariser ‘Théâtre du Châtelet’ ernteten sie einen Triumph in einem höchst intelligent zusammengestellten Programm mit teils bekannten, teils weniger bekannten Duetten für Bariton und Bassbariton aus ‘Le Nozze di Figaro’, ‘Don Giovanni’, ‘Hérodiade’, ‘Faust’, ‘Don Carlo’, ‘Hamlet’, ‘Le siège de Corinthe’, ‘Semiramide’, ‘Macbeth’ und ‘I Puritani’.
Hampson, 59, zeigte im ‘Châtelet’, dass er auch mit gealterter Stimme vollauf begeistern kann. Dem von Elisabeth Schwarzkopf ausgebildeten Sänger gelang es beindruckend, Worte und Emotionen in Musik auszudrücken. Seine flexible und lyrische Bariton-Stimme ist dafür ein sicheres Fundament, aber hinzu kommt die Sorgfalt der dynamischen Abstufungen, die Sicherheit der Artikulation, die ausgefeilte Diktion. Dank seiner immer noch souveränen Gesangstechnik und der Stahlkraft seiner Stimme konnte Hampson sich im ‘Châtelet’ ganz auf die Gestaltung konzentrieren und erzielte eine in einem Recital durchaus nicht selbstverständliche Ausdruckskraft. Er versteht es, jede der Figuren treffend zu charakterisieren und seine warme, voll tönende Bariton-Stimme den jeweiligen Situationen anzupassen. Auch wenn die Farbpalette nicht mehr so reich und die mittlere Lage etwas schwächer ist, ist sein Gesang dank seiner gepflegten Phrasierung immer noch wirklich kantabel, elegant, fein. Das zeugt von einem Klangempfinden, wie es heute leider nicht mehr gängig ist.
Sein um zwanzig Jahre jüngerer Partner Luca Pisaroni hat sich längst als Bassbariton der Spitzenklasse etabliert. Weil seine Stimme so klar ist und so prägnant, kann man ihn auch als ‘Basso cantante’ einstufen. Offensichtlich hat der Italiener da von Hampson etwas gelernt, ohne beim Schwiegervater studiert zu haben.
Darstellerisch war Pisaroni Hampson sogar etwas überlegen. Er wirkt ungemein spontan, und vertiefte in absolut faszinierender Weise den Charakter der Rollen, die er sang. Ein wunderbares Kabinettstück wurde seine Katalogarie aus ‘Don Giovanni’, nicht nur, weil er sein Smartphone benutzte, um die Statistik der Mätressen seines Dienstherren abzurufen, sondern weil er diese Buffoarie mit zündendem Witz, aber ohne jede Vulgarität gestaltete. Pure Musikalität hier wie auch in anderen Buffopartien, u.a. in dem als Bis gesungenen Duo Malatesta-Don Pasquale, welches das ohnehin begeisterte Publikum vollends in Euphorie versetzte. Nun wurden dort, genau wie im Duett Roderigo-Filippo aus Verdis ‘Don Carlo’, die gängigen Altersperspektiven geändert, was besonders im ‘Don Carlo’ für sehr interessante Eindrücke sorgte und dem inneren Drama des Königs eine ganz andere Dimension gab.
Hier wie auch in den übrigen Duetten stimmte die Chemie zwischen beiden Sängern hundertprozentig, und beide Timbres waren in einem perfekten Klangverhältnis, wie Kahlua und ‘Irish Cream’ in einem ‘Pousse Café’.
Den Pianisten Christian Koch nicht zu erwähnen, wäre ein Fehler, denn er erwies sich als mitgestaltender Begleiter und als einfühlsamer Solist in den Intermezzi aus ‘I Pagliacci’ und ‘Cavalleria Rusticana’.