Fürst Nikolaus II. Esterhazy, der bei Beethoven für den Namenstag seiner Frau im September 1807 eine Messe bestellt hatte, ließ nach der Uraufführung kein gutes Stück an der Komposition. In einem Brief an die Gräfin Henriette Zielinska schrieb er: « Beethovens Messe ist unerträglich lächerlich und hässlich, ich bin nicht davon überzeugt, dass man sie ernst nehmen kann.“ Dabei hatte der Komponist in dieser Messe längst nicht die Ausdrucksgewalt erreicht, die seine ‘Missa Solemnis’ kennzeichnet. E.T.A. Hoffmann zeigte sich sogar überrascht vom « Ausdruck eines kindlich heiteren Gemüths ». Diesen Charakter scheint Mariss Jansons in seiner Neuaufnahme nur insofern privilegieren zu wollen, als er die Musik besonders lichtvoll und leicht werden lässt. Ansonsten wechselt seine ausdrucksvolle Interpretation zwischen leidenschaftlicher Feurigkeit und großer, tiefster Verinnerlichung.
So kommen wir denn auch in den Genuss einer Interpretation, die dem Charakter der Messe optimal gerecht wird und zugleich ihren modernen und für die Entstehungszeit höchst unkonventionellen Charakter zum Ausdruck bringt.
Die vorliegende Aufnahme stammt aus den zwei Konzerten, die der Bayerische Rundfunk zu Mariss Jansons’ 75. Geburtstag im Januar 2018 veranstaltet hatte.
Das BR-Orchester spielt auf hohem Niveau und mit viel Hingabe, aber es ist vor allem der Chor des Bayerischen Rundfunks, der hier begeistert, weil er mit viel Leuchtkraft und schlankem Klang singt.
Das Solistenquartett Genia Kühmeier (Sopran), Gerhild Romberger (Alt), dem heroischen Maximilian Schmitt (Tenor) und Luca Pisaroni (Bass) hat am guten Eindruck, den diese Aufnahme hinterlässt, einen gebührenden Anteil.
Nach dem ‘Agnus Die’ mitsamt ‘Dona nobis pacem’ noch die 3. Leonoren-Ouvertüre zu spielen, macht Sinn, denn so wird der Friedens- mit dem Freiheitsgedanken vereint, zwei Themen, die Beethoven sehr am Herzen lagen.
Die Aufführung von Jansons und de Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks ist in ihrer emotionalen Differenziertheit ganz großartig.