Alexander Zemlinsky: Eine Florentinische Tragödie; Heidi Brunner (Bianca), Wolfgang Koch (Simone), Charles Reid (Guido Bardi), ORF Vienna Radio Symphonie Orchestra, Bertrand de Billy; 1 CD Capriccio C5325; Aufnahme 05/2010, Veröffentlichung 01/2018 (52'22) – Rezension von Uwe Krusch

Dieser knapp einstündigen Oper in einem Aufzug liegt die gleichnamige Tragödie von Oscar Wilde zugrunde. Es geht um eine anfangs sehr menschliche Situation. Der Ehemann kommt von einer beruflichen Reise früh nach Hause und findet seine Frau mit dem Sohn des Herzogs. Nachdem er ihn mit Wein bewirtet hat, fordert er den Herzogssohn, der seine Frau begehrt, zum Duell. Er kann ihn entwaffnen und erwürgt ihn danach mit bloßen Händen. Daraufhin bewundert die Frau ihren Gatten als ihren wirklich mutigen Mann.

Aus der Beschäftigung Zemlinskys mit diesem Stoff ist eine immer tonale Musik herausgekommen, die zwischen Spätromantik, Verismus und Moderne changiert und hochemotional die gefühlsbeladene Szene begleitet und mit Zwischenschichten bereichert.

Mit dem Radio Symphonieorchester des ORF Wien unter der Leitung von Bertrand de Billy hat diese Aufnahme erfahrene Opernkünstler gefunden. Das Orchester ist neben seiner viel länger ausgeübten normalen Konzerttätigkeit seit gut zehn Jahren im Theater an der Wien als Opernorchester etabliert. Der dirigierende Franzose hat die übliche Ochsentour durch die Opernperipherie mit Kapellmeisteraufgaben in Dessau beschritten und erst mit Erfahrung die Leitung in Barcelona übernommen. Chef bei diesem Orchester war er im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts. Sie sind also jeweils erfahren und zusammen auch ein eingespieltes Team, dass die farbenreiche und intensive Musik des Alexander Zemlinsky qualitativ und interpretatorisch ausgezeichnet widergibt.

Die drei Sänger tauchen tief in ihre Rollen und geben den Figuren emotionalen Tiefgang. Die kleinste Rolle kommt der Frau, gesungen von der Sopranistin Heidi Brunner zu, die sich dementsprechend auch am wenigsten präsentieren kann. Trotzdem gelingt es ihr, ihre Anspannung zu verdeutlichen. Der Ehemann, gesungen vom Bariton Wolfgang Koch, ist den größten Gefühlsschwankungen ausgesetzt. Vom ersten Erschrecken bei der kühlen Begrüßung durch seine Frau über das Erkennen der Situation und die Vorbereitung der Tat der Beseitigung seines Widersachers bis zum Vollzug und der daraus folgenden Rückkehr seiner Frau zu ihm hat er eine breite Palette von Emotionen darzustellen. Dieses Wechselbad wird in seiner Darstellung klar herausgearbeitet.

Der Liebhaber, Charles Reid, Tenor, ist ein von seinem adeligen Hintergrund her selbstsicherer Mann, der erst dann die Gefahr erkennt, als er sich nicht mehr wehren kann. Diesen Umschwung verdeutlicht er nachvollziehbar. Auch wenn es sich bei dieser Oper bei weitem nicht um ein Belcantowerk handelt, können die Solisten ihre Rollen mit klarer Artikulation und wandelbaren Stimmen darstellen.

Der nicht gerade reiche Katalog dieser Oper ist somit um eine schöne Aufnahme ergänzt.

With some very good singing and passionate playing by the ORF Orchestra under the baton of Bertrand de Billy, Zemlinsky’s short opera A Florentine Tragedy after Oscar Wilde’s unfinished play gets a performance with plenty of feeling.

 

 

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