Mit Arnold Schönbergs Werk ‘Survivor from Warsaw’ und Beethovens Neunter Symphonie wurde am Samstag das Mosel Musikfestival eröffnet. Remy Franck war dabei und kam nicht umhin, an einen Wurm zu denken…

Das Eröffnungskonzert des diesjährigen Mosel Musikfestivals in der ehemaligen Abteikirche St. Maximin in Trier schickte eine starke Botschaft in die Musikwelt. Das letzte vom Gründungsintendanten und Spiritus Rector wohl noch für lange, Hermann Lewen, verantwortete Programm ließ zu Beginn « auf Apokalypse Hoffnung folgen », wie Lewen sagte, auf Schönbergs Holocaust-Mahnmal Beethovens Friedens- und Freudenbotschaft. Und Beethovens Humanitätsgedanke beflügelte Interpreten wie Publikum, denn der Communio-Geist war wohl der stärkste Eindruck, den die Besucher von diesem Abend mit nachhause nahmen, bezeichnenderweise gerade einen Tag nach der Neunten vor dem G-20-Politpublikum in Hamburg, wo Beethovens musikalische Botschaft bestimmt nicht bei allen ankam, sonst hätten Trump, Putin, der Chinese und wohl noch einige andere aus Scham im Boden der Elbphilharmonie und im Wasser des Hafens versinken müssen, was sicher das grandioseste Ergebnis des Gipfels gewesen wäre. Trump hat, wenn von umschlungenen Millionen die Rede ist, sowieso nur die eigenen Dollars im Sinn und hätte sich, mangels Versinken zumindest « Weinend sich aus diesem Bund » stehlen müssen. Schiller und Beethovens aber hatten es geahnt: « Wollust ward dem Wurm gegeben ».

Es war, so teilte der Veranstalter mit, der ausdrückliche Wunsch von Franz Grundheber, Schönbergs ‘Überlebenden aus Warschau’ in das Programm des Eröffnungskonzertes aufzunehmen. Entsprechend engagiert und ausdrucksstak deklamierte Grundheber den Text zur Musik, die unter der Leitung von Jochen Schaaf vom Saarländischen Staatsorchester nicht weniger expressiv und auch auf solidem musikalischen Niveau gespielt wurde.

Dieses Niveau wurde in Beethovens Neunter Symphonie nicht erreicht. In der sowieso etwas schwammigen Akustik wackelte es manchmal ganz kräftig in Beethovens Strukturen, und dass der Dirigent des Trierer Konzertchores, Jochen Schaaf, auswendig dirigierte, war nicht unbedingt eine Hilfe. Aber die Stimmungen, die inspirierte Schaaf schon, und die Spannung erlitt auch keinen Einbruch, so dass man am Ende doch von einer mehr als beeindruckenden Aufführung sprechen konnte, die eine Bereicherung für das Publikum in der ausverkauften Abteikirche darstellte und auch entsprechend gefeiert wurde.

Die Chöre – Trierer Konzertchor, Friedrich-Spee-Chor und Le Madrigal de Luxembourg – hatten wegen der Akustik wohl Schwierigkeiten, über das Orchester hinweg zu kommen – aber sie sangen aus vollem Herzen. Das Solistenquartett war musikalisch beeindruckend mit zwei sehr guten, warmen und ausdrucksstarken Frauenstimmen, Susanne Bernhard, Sopran, und Marion Eckstein, Alt, dem souverän singenden Thomas Greuel, Tenor, und vor allem dem 79-jährigen Franz Grundheber. So autoritativ und wortnah geformt habe ich die Einforderung von neuen Tönen nur selten gehört.

Und so war diese Eröffnung des Mosel Musikfestivals denn ein gelungener Abend, absolut vereinbar mit der Marke, die Hermann Lewen in jahrzehntelanger unermüdlicher Arbeit geschaffen hat, und die ab dem nächsten Jahr der neue Intendant Tobias Scharfenberg mit der ihm eigenen Weitsicht und Kompetenz gewiss fortführen wird.

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