Wolfgang Amadeus Mozart: Requiem KV 626; Johann Sebastian Bach: Kantate BWV 161; Rachel Yakar, Ortrun Wenkel, Kurt Equiluz, Robert Holl, Konzertvereinigung Wiener Staatsopernchor, Concentus Musicus Wien, Nikolaus Harnoncourt; 1 DVD Arthaus Musik 107295; Bild 4:3; Stereo; Live 1981 (55') – Rezension von Remy Franck

Dieser Mitschnitt eines Allerheiligenkonzerts des Wiener Staatsopernchors zeigt sein Alter mehr im Bild als im Ton, obwohl Nikolaus Harnoncourt das Mozart-Requiem heute auch ganz anders dirigiert als an jenem 1. November 1981, wo die historische Aufführungspraxis alles andere als geläufig war. Daher scheinen auf Anhieb der Staatsopernchor sowie das auf historischen Instrumenten spielende Ensemble ‘Concentus Musicus Wien’ eigentlich so gar nicht zusammen zu passen. Auch die gestandenen Solisten sind alles andere als ‘historisch informiert’. Doch aufs Ganze gesehen funktioniert die Mixtur, und Harnoncourt entschlackt und revitalisiert Mozarts Musik ganz gut. Er verwendet die von Franz Beyer revidierte Süssmayr-Fassung.

Es ist ein Genuss, dem damals 51-jährigen Dirigenten zuzusehen, wie er sein Ensemble mit Gesten und vor allem mit Blicken anspornt. Und was er dabei erreichen will, ist keineswegs ein fetziges, grün und rabiat klingendes Requiem. Die Emotionalität seines vergeistigten Blicks ist unübersehbar und erzeugt vor allem beim Chor einen wundervoll sensiblen und inspirierten Gesang. Und um die Priorität des Gesangs geht es ihm zweifellos. Der Staatsopernchor ist der Star dieser Aufnahme. Trotzdem sollen die Solisten nicht unerwähnt bleiben. Die französische Sopranistin Rachel Yakar, die viel mit Harnoncourt zusammenarbeitete (sie nahm 1993 Abschied von der Bühne) singt ihren Part mit schöner und warmer Stimme. Auch die deutsche Altistin Ortrud Wenkel kann mit einer sehr wohlklingenden und ausdrucksvollen Stimme überzeugen. Der sowohl aus den Wiener Sängerknaben als auch aus dem Staatsopernchor hervorgegangene Kurt Equiluz errang als Oratoriensänger größtes Ansehen und er wird diesem Ruf auch hier gerecht. Robert Holls mächtige Stimme ist von den Mikrophonen etwas zu sehr herausgestellt, weswegen sie nicht mehr in natürlicher Relation weder zu seinen Partnern noch zu Chor und Orchester steht.

Die wichtigste Feststellung aber ist wohl, dass die Orchester auf historischen Instrumenten heute doch viel zuversichtlicher und klangvoller musizieren und wohl auch besser Instrumente haben als der ‘Concentus musicus’ vor mehr als dreißig Jahren, obschon er damals fast schon dreißig Jahre existierte,.

So gesehen ist dieses historische Videodokument wertvoll, was die Aufführungsgeschichte und die Entwicklung der historischen Praxis angeht und erhält darüber hinaus den beachtlichen musikalischen Wert, den Harnoncourt als doch sehr emotionaler Dirigent in diesem Mozart-Requiem erreicht.

Wieso die Bach-Kantate Kantate ‘Komm, du süße Todesstunde’ BWV 161 als Bonus bezeichnet wird, wo sie doch Teil des Konzerts war, das 1981 im Musikverein stattfand, ist eigentlich nicht so richtig zu begreifen, aber es könnte sein, dass sich Arthaus nur absichern will gegen Kritiken, dass der Ton dieses ersten Teils des Allerheiligenkonzerts seltsam unausgeglichen ist und die Jahre schlechter überdauert hat als das Mozart-Requiem.

Thirty years ago, Harnoncourt joined the forces of his historically informed Concentus Musicus and the traditionally behaving Chorus of the Vienna State Opera. However the mixture achieves a perfectly blended music under the emotionally charged direction of Maestro Harnoncourt.

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