Miloslav Kabelac: Komplette Kammermusik; Ballata für Violine und Klavier op. 27 + Bläsersextett op. 8 + Improvisation für Flöte solo auf ein eigenes Thema op. 29b + Jagdlieder op. 37 für Bariton und vier Hörner + Kleine Suite (Partita piccolo) für Flöte solo op. 13 + Lamenti e risolini op. 53 (acht Bagatellen für Flöte und Harfe) + Sonate für Horn und Klavier op. 2 + Sonate für Violoncello und Klavier op. 9 + Sonate für Trompete, Schlagzeug, Klavier und Rezitation op. 56 (Fated Dramas of Man), Sonatine für Oboe und Klavier op. 24 + Suite für Saxophon und Klavier op. 39, +Zwei Werke für Violine und Klavier op. 12; Jan Martiník, Bariton, Jelka +Weber, Flöte, Albrecht Mayer, Oboe, Dominik Wollenweber, Englischhorn, Erich Wagner, Alexander Bader, Klarinette, Kathi Wagner, Saxophon, Václav Vonášek, Fagott, Andre Schoch, Trompete, Sarah Willis, Stefan Dohr, Paula Ernesaks, Johannes Lamotke, Andrej Žust, Horn, Markéta Janoušková, Violine, Jan Vogler, Cello, Jan Schlichte, Schlagzeug, Marie-Pierre Langlamet, Harfe, Robert Kolinsky, Klavier, Stefan Kaminski, Sprecher; # Capriccio C5522; Aufnahmen 2021 - 2023; Veröffentlichung 01.03.2024 (172'19) – Rezension von Uwe Krusch

Miloslav Kabelac (1908-1979) war ein tschechischer Komponist und Dirigent. Er schrieb neben Orchesterwerken auch Kammermusik, Klavierwerke und Vokalkompositionen.

Die zwölf Werke aus Kabelacs Feder zum Thema Kammermusik zeigen ganz verschiedene Gesichter. Neben klassischen Besetzungen wie Violinduo, Flöten-, Horn- und Oboensonate gibt es weniger gebräuchliche Besetzungen, wie in den Lamenti e risolini, acht Bagatellen für Flöte und Harfe, und auch ganz außergewöhnliche. Dazu zählen die Sonate für Trompete, Schlagzeug, Klavier und Rezitation op. 56 mit dem Titel ‘Fated Dramas of Man’ und die Jagdlieder op. 37 für Bariton und vier Hörner.

Als Kondensat zeigt sich seine letzte Kammermusik-Komposition, die Sonate op. 56 mit dem Titel ‘Schicksalsdramen des Menschen’. Das deshalb, weil sie eigene Werke aufgreift und auch, weil Kabelac hier existentielle Fragen, etwa nach Schuld und Verantwortung stellt. Dieses Werk in vier Sätzen mit drei dazwischen gesprochenen Interludien, wofür Kabelac wahlweise Texte in verschiedenen Sprachen bereitgestellt hat, ist vor seiner eigenen von nationalsozialistischer Besatzung und späterer kommunistischer Diktatur wechselvoll geprägten Leben erklärbar.

Die sieben Jagdhornlieder basieren auf Volkspoesietexten, die die Lebenswelt des Jägers aus Unterhaltungen mit den Tieren des Waldes, Naturidylle und Todesahnung, beschreiben. Mit sparsam verwendeten Mitteln spiegelt sich erneut seine Lebenssituation, die ihn zum öffentlichen Verstummen zwang. Trotz des kraftvollen Auftritts dieses Blasinstruments gelingt es den Instrumentalisten hier, eine so elegante und feine Stimmung zu schaffen, dass nicht nur der Sänger seinen Raum hat, sondern dass jeder Zuhörende dem Charme dieser Musik erliegen muss.

Auch noch besonders, vielleicht erst auf den zweiten Blick, ist das Bläsersextett, in dem in wechselnden Besetzungen neun Instrumente mitspielen, wie Flöte und Piccolo oder Oboe und Englischhorn. Dadurch werden neue klangliche Möglichkeiten eröffnet, die Kabelac kunstvoll auskostet. Im Umfeld vieler markanter Stücke ist die Suite für Saxophon und Klavier mit ihrer Asketik für Kinder gedacht. Stimmungsbilder von Märchen vor dem Einschlafen und Träumen sorgen für einen sanften Ton.

Die Interpreten, zum Großteil von den Berliner Philharmonikern und etwa mit Jan Vogler auch sonst illustren Namen, spielen diese Musik mit allem Gespür für deren Charakter. Jeder setzt sich hier mit Nachdruck und Raffinement für sein Werk ein und macht die Sammlung so zu einem großen Erlebnis zugunsten dieses tschechischen Komponisten. Um diese Leistungen zu honorieren, wird die benannte Schlechtleistung des Labels bei der Bewertung vergessen.

The twelve chamber music works written by Kabelac show very different faces. In addition to classical instrumentations such as violin duo, flute, horn, and oboe sonatas, there are less common instrumentations such as the Lamenti e risolini, eight bagatelles for flute and harp, as well as very unusual ones. These include the Sonata for Trumpet, Percussion, Piano and Recitation op. 56 entitled ‘Fatal Dramas of Man’ and the Hunting Songs op. 37 for baritone and four horns.

His last chamber music composition, the Sonata op. 56 entitled ‘Fated Dramas of Man’, appears as a condensation. This is because it takes up his own works and also because Kabelac raises existential questions such as guilt and responsibility. This work in four movements with three spoken interludes, for which Kabelac provided optional texts in various languages, can be explained in the context of his own life, which was marked by the Nazi occupation and later by the communist dictatorship.

The seven hunting horn songs are based on folk lyrics that describe the hunter’s world of conversations with the animals of the forest, the idyll of nature, and the premonition of death. The sparing use of means once again reflects his life situation, which forced him into public silence. Despite the power of the wind instruments, the instrumentalists manage to create such an elegant and delicate atmosphere that not only the singer has his space, but every listener must succumb to the charm of this music.

Also special, perhaps only at second glance, is the wind sextet, in which nine instruments play in alternating formations, such as flute and piccolo or oboe and English horn. This opens up new sonic possibilities, which Kabelac exploits artfully. The Suite for Saxophone and Piano, with its asceticism, is intended for children. Atmospheric images of fairy tales before falling asleep and dreaming provide a gentle tone.

The performers, most of whom are members of the Berlin Philharmonic and, with Jan Vogler, other illustrious names, play this music with a keen sense of its character. Each of them is committed to his work with vigor and refinement, making this collection a great experience for this Czech composer. To pay tribute to these achievements, the aforementioned poor performance of the label is forgotten in the evaluation.

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