Jean Sibelius: Violinkonzert op. 47; Loris Tjeknavorian: Violinkonzert; Komitas Vardapet: Krunk; Emmanuel Tjeknavorian, Violine, Radio-Sinfonie-Orchester Frankfurt, Pablo Gonzales; 1 CD Berlin Classics 03014248C; Aufnahmen 03+9/2019; Veröffentlichung 02/2020 (62'37) – Rezension von Uwe Krusch

Der Bezug auf die klangliche Färbung der Musik im Stil der jeweiligen Heimat der Komponisten führt diese zwei Violinkonzerte zusammen. Während der nordische Ton bei Sibelius das Maß ist, kommt für den 1937 geborenen Loris Tjeknavorian diese Komponente vor allem aus dem Armenischen. Das knapp halbstündige Werk von Tjeknavorian ist früh während seiner Studienzeit als erste eigenständige Komposition entstanden. Es beschränkt sich auf die Begleitung durch ein Streichorchester und ist ebenso sanglich und geigerisch wie das Werk von Sibelius. Als Zugabe spielt der Solist das Stück ‘Krunk’ von Komitas Vardapet, ebenfalls armenischer Herkunft.

Zu beiden Konzerten hat der Solist Emmanuel Tjeknavorian eine besonders enge Bindung. Die zum Werk seines Vaters ist aus der familiären Sicht, aber sicherlich auch von der geigerischen Herausforderung her, unmittelbar verständlich. Das Sibelius-Konzert hat ihn schon lange begleitet und ihm 2015 beim gleichnamigen Wettbewerb den zweiten Preis insgesamt und den Preis der besten Interpretation dieses Werkes eingebracht. Der Geiger, der auch dirigierend auftritt, hat mit 25 Jahren schon eine überzeugende Reife erreicht. Seine Interpretationen sind neben der ausgefeilten Technik durch den angenehme süße verströmenden Ton und das gestalterisch beherrschte Auftreten gekennzeichnet. So kann man etwa beim Sibelius-Konzert, bei dem es an anderen Interpretationen nicht mangelt, bemerken, dass er etwa bei dem prägnanten Einstieg in den Finalsatz die rhythmische Komponente nicht überbetont, sondern auch hier einen sanglichen Ansatz beibehält. So gehört seine Sicht zu den ausdrucksstarken und weniger artistisch scheinenden, ohne deswegen an Feuer oder Spannung zu verlieren. Das macht das Zuhören sehr angenehm.

Das Radio-Orchester aus Frankfurt, wegen seiner stilistischen Vielseitigkeit und Sicherheit bekannt, wird bei Sibelius von Pablo Gonzalez dirigiert. Im nur mit Streichern besetzten Tjeknavorian Konzert wird es am ersten Pult von Konzertmeister Ulrich Edelmann geleitet. In beiden Fällen ist es ein intensiv gesprächsbereiter Partner des Solisten, der ihm sowohl zuliefert als auch eine eigene Meinung zum Klingen bringt.

Violinist Emmanuel Tjeknavorian has a particularly close connection to both concertos, the one by Sibelius and the other one by his own father, a very challenging work. Sibelius’ Concerto has accompanied him for a long time and in 2015 won him prizes in the Sibelius Competition. Emmanuel Tjeknavorian, who also works as a conductor, has already reached a convincing maturity. Benefiting from a sophisticated technique, his interpretations are characterized by the pleasantly sweet, flowing tone. The violinist is very well supported by the Radio Orchestra from Frankfurt.

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