Franz Schubert: Fantasie C-Dur op. 15 D 760, Impromptus op. posth. 142 D 935, Impromptus op. 90 D 899; Viviana Sofronitsky, Klavier; Avi Musica Autentica 8553250; Aufnahme: 07/2010, Erstveröffentlichung 2012, Wiederveröffentlichung 2016 (77'40) - Rezension von Oliver Fraenzke

Viviana Sofronitskys Aufnahmen der Impromptus op. post. 142 D 935 und op. 90 D 899 sowie der Fantasie in C op. 15 D 760, bekannt als Wanderer-Fantasie, ist vor allem denjenigen zu empfehlen, die gerne möglichst viel Schubert in möglichst kurzer Zeit zu hören wünschen. Die Tempi sind durchgehend an der Obergrenze, gerne auch einmal darüber (vor allem das Andante von D 935 Nr. 3 ist absolut nicht als solches zu erkennen). Nun ist es jedoch so, dass das Tempo auch die musikalische Dichte bestimmt: Je langsamer etwas genommen wird, je mehr Detail kann es auch beinhalten, je feiner können die Harmonien abgestimmt und die Phrasierung ausgekostet werden, sofern der Musiker auch etwas zu sagen hat. All das ist nicht möglich bei überhetzten Aufnahmen wie vorliegender: Die Musik wirkt überstürzt, galoppiert unkontrolliert nach vorne und brilliert nur an der Oberfläche. Mit zunehmendem Tempo steigt auch die Anzahl der Ungenauigkeiten, gerade punktierte und opponierende Rhythmen verstolpern gerne, die wabernden Unterstimmen sind alles andere als bewusst und eigenständig lebendig gestaltet, der im schnellen Tempo schwerer zu beherrschende Pianissimo-Bereich wird meist ins Mezzo nivelliert, und über die vielfältigen Modulationen in all ihren verblüffenden Wendungen kann so wohl nur weitgehend hinweggespielt werden.

Wo ist die für Schubert so charakteristische Lyrik, wo kommt jene Doppelbödigkeit zum Vorschein, die dem Hörer wahrlich Gänsehaut bereiten kann? Dies wird geopfert für atemberaubende Virtuosität, für fingerbrecherische Höchstleistungen, die Staunen machen. Manchmal störend erscheinen einige allzu brachial herausgeschlagene Sforzati und Fortissimi, denen die Rundung des Klanges fehlt. Insgesamt am annehmbarsten gerät die berühmte Wanderer-Fantasie in ihrer vierteiligen großen Form, die bei Sofronitsky auch einige verborgene Zusammenhänge erahnen lässt, in den Impromptus verwandelt sich die Pianistin in eine musikalische ‘Rennsemmel’ ohne Rücksicht auf Verluste.

Die Aufnahmen entstanden auf einem Hammerklavier von Paul MacNulty nach Conrad Grafs op. 318 von 1819. Es besitzt einen ausgesprochen vielseitigen Klang, der beinahe schon an unsere heutigen Flügel denken lässt. Die vier Pedale ergeben teils interessante Effekte, manchmal wirkt das Klavier schlagartig wie weit entfernt, wobei es schrittweise wieder näherkommen kann. Es bleibt ein Schimmer des « Ungewohnten » für unser heutiges Ohr, welcher das Spiel darauf zu einem besonderen Erlebnis macht.

Fast or too fast playing is the main characteristic of Viviana Sofronitsky’s Schubert recording. Musical development is sacrificed for a brilliantly virtuosic performance, in a stunning but superficial manner.

 

  • Pizzicato

  • Archives