An CD-Material wurde nicht gespart für diese Brahms-Box: jede Symphonie hat ihre eigene Silberscheibe, die fünfte CD bietet Platz für das Quartett.Bei der gemütlichen Art, mit der Michael Sanderling den ersten Satz der 1. Symphonie beginnt, musste man befürchten, dies könne eine höchst langweilige Sache werden. Doch wenn man sich erst mal an diese Gangart gewöhnt hat und den feinen lyrischen Schwung genießt, dann ist das Kantable ein willkommenes Merkmal. Da ist nichts zu spüren von dem drohenden Beethoven, der Brahms verfolgt. Aha, nun ist genau das ja erwiesen. Also macht Sanderling alles falsch. Aber, aber! Was kann falsch sein, wenn man so singt in dieser Ersten? Wo man singt…
Nicht nur die Mittelsätze gestaltet Sanderling sehr schön lyrisch, auch im Finale nimmt er sich Zeit für lyrisches Schwingen, kann aber das Orchester auch schon mal jubilierend aufrauschen lassen.
Dass die Zweite dem Konzept von Sanderling entgegenkommen würde, war anzunehmen. Er dirigiert sie pastoral, hält aber auch das Ohr offen für die melancholischen oder gar traurigen Töne.
Das Finale wird zu einem wunderbaren Tanzlied.
Der erste Satz der Dritten ist ganz besonders üppig und blumig, aber im zweiten zeigt Sanderling viel Melancholie und Tristesse. In der Folge bleibt der dritte Satz auch etwas verhalten, und erst im vierten Satz kommt wieder Schwung in die Musik.
Wie verklärt und total zärtlich beginnt der erste Satz der Vierten, und zärtlich und lieblich wird die Musik auch weitergeführt.
Sehr lyrisch wird das Andante moderato interpretiert, während das Allegro giocoso freudig erregt erklingt.
Auch im letzten Satz versucht Sanderling nicht mit heftigen Kontrasten die Teile des Finales zu differenzieren. Der langsame pastorale Mittelteil
hat Ankündigung und Fortsetzung in den Eckteilen, die Sanderling abrundet und in ihrer Kraft und Schärfe reduziert. Minunter klingt die Musik melancholisch, aber nie wirklich bittersüß wie in anderen Interpretationen. Auch das Zerstörerische, das Dirigent Felix Weingartner in diesem Satz gefunden hat, interessiert Sanderling nicht
und er nimmt sich Bachs Text ‘Meine Tage in dem Leide endet Gott dennoch zur Freude’ sehr zu Herzen.
Arnold Schönberg orchestrierte das g-Moll-Klavierquartett von Johannes Brahms, um dem Werk zu mehr Popularität zu verhelfen. Heute ist das Original bekannter als das Arrangement, was aber nicht sagen will, Schönberg habe eine schlechte Arbeit geleistet. Schönberg hat tatsächlich unverkennbaren, echten symphonischen Brahms produziert, auch wenn er hier oder da vor einigen zeitgenössischen Effekten nicht zurückscheute – aber war Brahms nicht selbst seiner Zeit voraus? Sanderling und sein Orchester bringen diese Transkription in einer guten Interpretation zu Gehör, mit einem reichen Spannungsfeld von Dynamik, Farben, Kontrasten und Tempi.
There was no sparing on CD material for this Brahms box: each symphony has its own disc, and the fifth CD provides space for the quartet.
With the leisurely way Michael Sanderling starts the first movement of the 1st symphony, one had to fear that this could be a most boring affair. But once one gets used to this pace and enjoys the fine lyrical sweep, the cantabile is a welcome feature. There is no sense of the menacing Beethoven stalking Brahms. Aha, now that is exactly what has been proven. So Sanderling is doing everything wrong. But, but! What can be wrong when one sings like this in this First?
Not only the middle movements are beautifully lyrical, also in the finale he takes time for lyrical swinging, but can also let the orchestra roar jubilantly.
It was to be expected that the Second would suit Sanderling’s concept. He conducts it pastorally, but also keeps his ear open for the melancholy or even sad tones.
The finale becomes a wonderful dance song.
The first movement of the Third is quite lush and flowery, but in the second Sanderling shows much melancholy and dreariness. As a result, the third movement also remains somewhat subdued, and it is not until the fourth movement that momentum returns to the music.
The first movement of the Fourth begins as if transfigured and totally tender, and the music continues tenderly and sweetly.
The Andante moderato is interpreted very lyrically, while the Allegro giocoso sounds joyfully excited.
Even in the last movement, Sanderling does not try to differentiate the parts of the finale with violent contrasts. The slow pastoral middle section has announcement and continuation in the outer sections, which Sanderling rounds off and reduces in their force and sharpness. Underneath, the music sounds melancholy, but never truly bittersweet as in other interpretations. Nor is Sanderling interested in the destructive nature that conductor Felix Weingartner found in this movement. Sanderling takes Bach’s text ‘Meine Tage in dem Leide endet Gott dennoch zur Freude’ very much to heart.
Arnold Schoenberg orchestrated Johannes Brahms’ G minor Piano Quartet to help the work gain popularity. Today the original is better known than the arrangement, but that is not to say Schoenberg did a poor job. Schoenberg did indeed produce distinctive, genuine symphonic Brahms, even if he did not shy away from some contemporary effects here or there – but wasn’t Brahms himself ahead of his time? Sanderling and his orchestra give a fine performance of this transcription, with a rich range of dynamics, colors, contrasts and tempi.