Johann Sebastian Bach: Präludium BWV 902 + Präludien & Fugen c-moll, D-Dur & e-moll aus WTK I + Aria variata alla maniera italiana BWV 989 + Inventionen BWV 783 & 786 + Sinfonias BWV 798 & 801 + Concerto BWV 974+ Fantasie & Fuge BWV 904 +Bach / Kempff: Nun freut euch, lieben Christen g'mein BWV 734 +Bach / Stradal: Adagio aus BWV 528 +Bach / Busoni: Nun komm der Heiden Heiland BWV 659; Ich ruf zu dir Herr Jesu Christ BWV 639 +Bach / Olafsson: Widerstehe doch der Sünde aus BWV 54 +Bach / Rachmaninov: Gavotte aus BWV 1006 + Bach / Siloti: Präudium h-moll BWV 855a; Vikingur Olafsson, Klavier; 1 CD Deutsche Grammophon 483502; Aufnahme 04/2018, Veröffentlichung 09/2018 (77’25) - Rezension von Alain Steffen

« Leidenschaftliche Musikalität, explosive Virtuosität und intellektuelle Neugier – diese ungewöhnliche Kombination zeichnet den isländischen Pianisten Vikingur Olafsson aus, der in seinem Heimatland alle bedeutenden Preise erhalten hat, darunter viermal die Auszeichnung als ‘Musiker des Jahres« der isländischen Musikpreise sowie den Icelandic Optimism Prize.“ Das ist alles, was die DG über den jungen isländischen Pianisten preisgibt. Und das nicht einmal im Booklet, wo jeder biographische Hinweis fehlt, sondern nur auf der Website der Plattenfirma. Führt man so einen jungen Interpreten in die internationale Musikszene ein? Oder ist Olafsson wie viele andere Jungtalente auch nur ein Wegwerfpianist einer Firma, die in den letzten beiden Jahrzehnten nicht unbedingt durch einen empathischen Künstleraufbau auf sich aufmerksam gemacht hat?

Mit diesem Bach-Medley oder vielleicht besser, mit dieser Reise durch den Bach-Kosmos zeigt der junge Vikingur Olafsson, dass er ein genuiner Bach-Interpret ist. Wenngleich es hier Bach nur häppchenweise (und deshalb keine Supersonic-Auszeichnung) gibt, nämlich hier ein Adagio aus der Orgelsonate Nr. 4 BWV 528, dort ein Präludium aus dem ‘Wohltemperierten Klavier’, dann wieder ein Choral, so ist das Album mit seinen insgesamt 35 Miniaturen so konsequent und kompakt zusammengestellt, dass man glaubt, ein einziges Werk zuhören. Olafsson erweist sich als ein Meister der Gestaltung. Mit einem glasklaren Klang, einem sehr feinen, aber bestimmten Anschlag, einer leichten, ja fast schwebenden Virtuosität, in der immer auch eine gewisse Ruhe und Beständigkeit mitschwingt, zieht er den Hörer regelrecht in seinen Bann. Vorschusslorbeeren sind immer gefährlich, aber hier scheint tatsächlich ein Bach-Interpret heranzuwachsen, der eine ähnliche Genialität und Natürlcihkeit im Umgang mit Bachs Musik besitzt wie einst Dinu Lipatti und Glenn Gould oder heute, Murray Perahia, Andrea Bacchetti  oder Andras Schiff. Hörenswert. Aber nun erwarten wir uns doch einige vollständigen Werke. Die Goldbergvariationen, das Wohltemperierte Klavier und noch viele andere Werke warten nur darauf, von Vikingur Olafsson eingespielt zu werden.

This album might be totally coherent with a collection of miniatures, but the amazing performances by Islandic pianist Vikingur Olafsson make the listener wait for the complete works, Goldberg, Well-tempered Clavier and many more.

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