Gertrude Stockhausen
(c) Stockhausen-Stiftung für Musik

Der Künstler Gunter Demnig wird Anfang Februar in Bärbroich (Bergisch Gladbach, Nordrhein-Westfalen) vor dem ehemaligen Wohnhaus der Familie Stockhausen einen sogenannten ‘Stolperstein’ für Gertrud Stockhausen – die Mutter des Komponisten Karlheinz Stockhausen – einlegen, die am 27. Mai 1941 im Zuge der Euthanasie-Aktion T 4 in den Gaskammern der Tötungsanstalt Hadamar  ermordet worden ist.

Gertrud Stockhausen, geborene Stupp, die Mutter des Komponisten Karlheinz Stockhausen, war am 30. November 1900 in Neurath bei Grevenbroich geboren worden. 1927 heiratete sie den Volksschullehrer Simon Stockhausen, der  seit Oktober 1932 an der Schule in Bärbroich unterrichtete und mit seiner Familie in der rechten Hälfte des Lehrerwohnhauses wohnte. Zu dieser Familie gehörten drei Kinder: der 1928 geborene Karlheinz, die ein Jahr später geborene Anna Katharina und schließlich der 1932 geborene Hermann Josef, der im Alter von nur neun Monaten 1933 sterben sollte.

1932 zeigten sich bei Gertrud Stockhausen Zeichen einer psychischen Erkrankung, die im Dezember dieses Jahres zu einem Selbstmordversuch führte. Am 21. Dezember 1932 wurde Gertrud Stockhausen in die Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt Galkhausen bei Langenfeld gebracht.

Bis 1941 lebte Gertrud Stockhausen als psychisch kranke Patientin in der Heil- und Pflegeanstalt Galkhausen. Am 27. Mai 1941 wurde sie zusammen mit 89 anderen Menschen in einem grauen Omnibus in die Tötungsanstalt Hadamar in Hessen-Nassau gebracht. Seit Sommer 1939 war die systematische Ermordung behinderter und psychisch kranker Menschen geplant worden. In der Tiergartenstraße 4 in Berlin entschieden ‘Gutachter’ anhand von Meldebögen über Leben und Tod von Anstaltspatienten.

Adolf Hitler deckte die ‘T 4’ genannte Aktion durch eine geheime Tötungsermächtigung. Hadamar war eine von sechs Tötungsanstalten, in denen Menschen in einer Gaskammer getötet wurden. Die Angehörigen erhielten einen Brief mit einem falschen Todesdatum und einer falschen Todesursache. Die Familie Gertrud Stockhausens erhielt einen Brief, der mitteilte, sie sei am 16. Juni 1941 verstorben.

Das Schicksal Gertrud Stockhausens hat die Schülerin Lisa Quernes vom Landesmusikgymnasium in Montabaur erforscht. Im Rahmen einer Forschungsarbeit für den Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten hat sie 2012 und 2013 zahlreiche Archive benutzt, Zeitzeugen befragt und Informationen gesammelt. Unter anderem machte sie im Bundesarchiv in Berlin die Patientenakte für Gertrud Stockhausen ausfindig.

Dem Rahmenthema des Geschichtswettbewerbs entsprechend, in dem es um ‘Nachbarn in der Geschichte’ ging, beschrieb Lisa Quernes den Mord an Gertrud Stockhausen als einen ‘Mord, der nebenan geschah.’ In ihrer Wettbewerbsarbeit brachte sie aber auch Äußerungen in den musikalischen Werken Karlheinz Stockhausens in einen Zusammenhang mit der Krankheitsgeschichte seiner Mutter.

Als Anliegen formulierte sie am Ende ihres Wettbewerbsbeitrags, das Andenken an Gertrud Stockhausen wach zu halten. Dazu hat sie unter anderem angeregt, an ihrem letzten frei gewählten Wohnort in Bärbroich einen Stolperstein verlegen zu lassen.

Die Stolpersteine, die auf dem Gehweg an NS-Opfer erinnern, die an diesen Orten gewohnt haben, sind eine europäische Kunstaktion von Gunter Demnig. Die Stolpersteine geben den Opfern ihre Namen an ihren ehemaligen Wohnorten zurück und zeigen im lokalen Rahmen auf, wo überall Verfolgung stattgefunden hat. Wer die Namen auf den Steinen liest, beugt seinen Kopf.

Die Stolpersteine sind Mahnmale, die die Erinnerung an die Menschen wach halten, die vor Ort NS-Verbrechen zum Opfer gefallen sind. Sie sollen dafür sensibilisieren, heute und in Zukunft die Rechte jedes einzelnen Menschen zu achten.

 

 

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