Das Duo Cernavca (Slava Cernavca, Klarinette, Zoryana Tkachyk-Cernavca, Klavier) hat beim Label Musicom eine neue CD mit Werken von Schulhoff, Poulenc und Arnold veröffentlicht. Es war Erwin Schulhoffs 'Hot Sonata', die dem Duo den Anreiz gegeben hat, diese CD aufzunehmen. Diese in klassischer Sonatensatzform komponierte Jazz-Sonate hat die beiden Musiker dazu inspiriert, weitere Stücke aufzunehmen, die die schillernd-expressiven Farben, die vielfältigen Rhythmen und den unbändigen Charakter der Jazzmusik innehaben. Bezeichnenderweise wurden zwei dieser Werke durch Jazzmusiker uraufgeführt: die 'Hot Sonata' im Jahr 1930 durch den Saxophonisten Billy Barton und Francis Poulencs Sonate 1963 durch den legendären Klarinettisten Benny Goodman. Tabea Eppelein hat das Duo Cernavca zu dieser neuen CD-Produktion Fragen gestellt.

Duo Cernavca
(c) Victor Girla

Warum war gerade Schulhoffs ‘Hot Sonata’ Euer Anreiz, diese CD aufzunehmen?
Zoryana: Ich war von Anfang an von der ‘Hot Sonata’ fasziniert. Sie hat meine Fantasie beflügelt und ihr viele neue Horizonte geöffnet. Beim Üben habe ich eine gewisse Freiheit gespürt, eine innere Harmonie. Die Zeit ist immer wie im Flug vergangen. Ich habe mich als Teil dieser Schöpfung empfunden. Diesen wunderbaren Zustand wollte ich unbedingt den Hörern und Musikliebhabern vermitteln, denn für mich liegt die größte Freude, das größte Glück darin, mit anderen zu teilen, zu geben, zu beschenken…
Slava: Noch als Kind habe ich gerne verschiedene Musik gespielt, und darauf improvisiert, sei es klassische Musik, Jazz, Folk oder andere. Als ich später klassische Musik, und dann Jazz studierte, hatte ich weiterhin das Bedürfnis mich mit afrikanischen oder indischen Tunes bez. mit Klezmer Musik zu beschäftigen. Und so hat es sich auf natürliche Weise ergeben, dass ich mit immer mehr Stilen immer vertrauter geworden bin. So fand ich den Faden zwischen den unterschiedlichsten Musikarten und Epochen. Das ist als ob man mehrsprachig aufwachsen wäre. So kam mir die ‘Hot Sonata’ vor, als gehöre sie zu meiner Muttersprache, sehr verwandt. Die mussten wir also unbedingt aufnehmen.

Die CD ist unglaublich vielfältig – hier virtuos und turbulent, dort ruhig und schwelgerisch. Was fasziniert Euch besonders an einem so verschiedenartigen Spektrum?
Musik ist ein wunderbares Mittel um Brücken zu bauen. Musik verbindet.
Im Grunde fasziniert das, was Sie aufzählen. Die Musik ist wie ein Planet, auf dem Klänge, Töne, Stimmungen und Schattierungen herrschen. Sie ist nichts Materielles, das man anfassen oder besitzen kann. Musik ist jedes Mal eine neue Erfahrung und gleichzeitig Erinnerung.

Das Duo Cernavca zeigt, dass man nicht nur Jazzmusiker oder nur klassischer Musiker sein kann. Wieso müssen sich Jazz und Klassik nicht ausschließen?
Jedes Musikgenre kann sich von einem anderen Genre inspirieren, oder einen anderen ergänzen. So haben sich Sprachen entwickelt, und das Gleiche hat in der Musik stattgefunden. Die Kunst eines Interpreten oder auch eines Komponisten besteht darin, die Grenzen so zu überqueren, dass man sie gar nicht bemerkt.
Und jetzt zu Ihre Frage: Jazz bildet einen Kontrast zur Klassik. Und Kontraste haben eine starke Anziehungskraft.

Was haben die Komponisten der Stücke (Schulhoff, Poulenc und Arnold) gemeinsam – und was unterscheidet sie?
Schulhoff – der Idealist und Pionier. Poulenc war der späte Romantiker. Arnold dagegen ist sehr theatralisch, eher bekannt als Filmkomponist.
Bei allen Stücken handelt es sich um geniale, gewagte, manchmal extravagante Musik. Extravagant bedeutet außergewöhnlich, allem anderen unähnlich. Und das unterscheidet sie.

Was ist für Euch das Attraktive an Jazzmusik?
Beim Jazz hat das eigene Ich einen größeren Spielraum. Man kann sich mehr einbringen und von festen Regeln lösen. Man wird zum Mitschöpfer der Musik – das bestärkt und befreit. Eine nützliche Erfahrung auch für die klassische Musik.

Duo Cernavca
(c) Victor Girla

Ihr seid ein Ehepaar – wie ist es, Musik mit jemandem zu machen, den man liebt? Habt Ihr Euch beim Üben und Aufnehmen für die CD noch einmal neu oder anders kennengelernt?
Die Basis für unsere gemeinsame Arbeit ist die Liebe zur Musik. Liebe in der Ehe ist ein Glücksfall, aber nicht unbedingt die Regel. Mit dem Ehepartner zusammen zu spielen ist wie ein Doppelleben zu führen. Eigentlich ganz amüsant. Wir können es nur empfehlen. Es bildet den Charakter und trainiert die Fähigkeit, im richtigen Augenblick zu schweigen. Das Aufnehmen dieser CD war ein weiterer Schritt für uns. Voneinander weg? Aufeinander zu?

Wieso passen Klarinette und Klavier so gut zusammen?
Beide sind schwarz, schlank und schick!

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