Giovanni Battista Bononcini: Polifemo; Roberta Invernizzi, Joao Fernandes, Bruno de Sa, Helena Rasker, Liliya Gaysina, Roberta Mameli, Maria Ladurner, Ensemble 1700, Dorothee Oberlinger; 2 CDs Deutsche Harmonia Mundi 19439743802; Liveaufnahme 06/2019, Veröffentlichung 09/2020 (95'06) - Rezension von Norbert Tischer & Guy Engels

(Norbert Tischer) – Die Blockflötistin Dorothee Oberlinger hatte anlässlich ihres Debüts als Intendantin der Musikfestspiele Potsdam Sanssouci im Juni 2019 Giovanni Battista Bononcinis Oper Polifemo aufs Programm gesetzt und auch dirigiert. Das vorliegende Set von Deutsche Harmonia Mundi ist ein Live-Mitschnitt aus dem Orangerieschloss in Potsdam.

Bononcinis Polifemo wurde 1702 am Hof der preußischen Königin Sophie Charlotte uraufgeführt. Ein einäugiger Riese, Polifemo, Acis und Galatea, die eifersüchtige Zauberin Circe, Glauco und Silla sowie die Göttin der Liebe sind die Figuren dieser Oper, die zwei Geschichten aus Ovids Metamorphosen vermischt, die ihrerseits der griechischen Mythologie entlehnt sind,

Nach vielen Verwandlungen und Kämpfen überleben die beiden Liebespaare nach dem Willen von Venus.

Polifemo wird von dem portugiesischen Bass Joao Fernandes ausdrucksvoll und stimmlich sehr gut gesungen. In der Rolle der Aci hören wie den exzellenten brasilianischen Sopranisten Bruno de Sá, dessen Darstellung auch stimmlich fasziniert. Roberta Invernizzi ist eine nicht weniger exquisite Galatea, und die Nymphe Silla wird sehr gut von Roberta Mameli gesungen. Helena Rasker kann in der Rolle des Glauco überzeugen. Die Rolle der Circe wird von der russischen Sopranistin Liliya Gaysina sehr engagiert dargeboten. Auch die Venus von Maria Ladurner kann gefallen.

Unter Dorothee Oberlingers einfühlsamer Leitung musiziert das Ensemble 1700 auf gewohnt hohem Niveau.

(Guy Engels) – Viel Liebe, viele Irrungen, viel Eifersucht, ein tumber Zyklop und ein Happy End – dies ist im Wesentlichen die Handlung von Giovanni Battista Bononcinis Oper Polifemo, die 1702 am Hof der preußischen Königin Sophie Charlotte aufgeführt wurde. Den Zuschauern musste der Stoff bekannt sein – eine Erzählung aus der griechischen Mythologie, die in dieser Zeit mehrfach vertont worden ist.

Dorothee Oberlinger hat diesen Schatz aus dem barocken Opernrepertoire 2019 als Leiterin der Potsdamer Musikfestspiele auf die Bühne zurückgeholt und nun auch als Live-Mitschnitt herausgebracht.

Zunächst einmal besticht die plastische Klarheit der Aufnahme, die die Bühnenatmosphäre und das Geschehen unvermittelt wiedergibt. Nicht minder beeindruckend ist aber vor allem die musikalische Darbietung, die eindeutige Rollendarstellung, das lebendige und zupackende Spiel des Ensemble 1700 und die wunderbaren Sängerleistungen.

Hervorzuheben ist hier der natürliche, strahlende Sopran von Bruno de Sa in der Rolle des weinerlichen Aci, ein Sänger, der mit den Stars seines Fachs anstandslos mithalten kann. Die komische Note bringt Joao Fernandes als intellektuell beschränkter, ungelenker Zyklop Polifemo ins Spiel, wie denn alle Sänger stimmlich ihren Rollen eine ganz persönliche Note geben und diesen Polifemo zu einem echten Erlebnis machen.

On the occasion of her debut as director of the Musikfestspiele Potsdam Sanssouci in June 2019, recorder player Dorothee Oberlinger conducted Giovanni Battista Bononcini’s opera Polifemo. This set by Deutsche Harmonia Mundi is a live recording from the Orangery Palace in Potsdam.
Bononcini’s Polifemo was first performed in 1702 at the court of the Prussian Queen Sophie Charlotte. A one-eyed giant, Polifemo, Acis and Galatea, the jealous sorceress Circe, Glauco and Silla and the goddess of love are the characters of this opera, which mixes two stories from Ovid’s Metamorphoses, which have their origins in the Greek mythology. After many transformations and battles, the two couples survive according to the will of Venus.
Polifemo is sung expressively by the Portuguese bass Joao Fernandes. In the role of Aci we hear the excellent Brazilian soprano Bruno de Sá, who is vocally truly outstanding. Roberta Invernizzi is a no less exquisite Galatea, and the nymph Silla is sung very well by Roberta Mameli. Helena Rasker is absolutely convincing in the role of Glauco. The role of Circe is performed with great commitment by the Russian soprano Liliya Gaysina. Also the Venus of Maria Ladurner can please.
Under Dorothee Oberlinger’s sensitive direction, the Ensemble 1700 is performing at its usual high level.

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