Richard Wagner: Lohengrin (Vorspiel I); Ludwig van Beethoven: Klavierkonzert Nr. 4 G-Dur op. 58, Rondo a capriccio G-Dur op. 129; Franz Schubert: Symphonie Nr. 9 C-Dur D 944; Evgeny Kissin, Met Orchestra, James Levine; 2 CDs Deutsche Grammophon 94810553; Live 5/13 (106') – Rezension von Remy Franck

Nun, das ist wirklich etwas ganz Besonderes! Nach zwei Jahren Abwesenheit vom Pult saß James Levine am 19. Mai 2013 zum ersten Mal wieder vor seinem Orchester, dem der Met, jedoch nicht im Opernhaus, sondern in der ‘Carnegie Hall’. Und er dirigierte vom Rollstuhl aus. Das zart und zärtlichst geflüsterte erste Vorspiel zu Wagners ‘Lohengin ist kein triumphaler Auftakt, ganz im Gegenteil. Es zeigt Emotionen.

Und davon gibt es auch reichlich in Beethovens Viertem Klavierkonzert, ganz am Anfang schon und vor allem im langsamen Satz. Man erwarte sich freilich keine wegweisende Neudeutung. Das Konzert bleibt weitgehend klassisch in der Anlage, und es lebt weniger von Kissins eher bravem Spiel als von Levines elastischem Taktstock. Dieses Spiel mit Beethoven und mit Kissin ist es, das diese Aufnahme hörenswert macht. Es ist, als sei Levine überglücklich, wieder ‘dirigieren’ zu können und als müsse er beweisen, dass er es noch konnte bei jener Rückkehr aufs Podium, so wie ein Kind, das nach langer Zeit seinen Elektrozug wieder zum erstenmal fahren lässt, mal schneller mal langsamer, als allmächtiger Steuermann…

Auf der zweiten CD folgt eine fulminante Interpretation von Franz Schuberts Großer C-Dur-Symphonie. Die Musik wird bei Levine sehr schwungvoll, sehr federnd und ist angetrieben von einer ständig vorwärts drängenden Kraft. Nicht Monumentales baut der Dirigent, er sucht nicht nach Tiefe, er pflegt auch keine Details, er hat einfach Lust, die Musik fließen zu lassen. Und so hat man am Ende dieses Konzertmitschnitts nicht den Eindruck, ein essentielles Tondokument gehört zu haben, sondern ein ‘Tagesdokument’, die digitale Speicherung von James Levines dirigentischer Wiedergeburt.

When James Levine returned on the podium in 2013, after a two years long conducting pause, he was full of energy, and his punchy conducting is – besides some emotion in the Lohengrin prelude and in the slower parts of the Concerto – the main characteristic of this concert recording. So, don’t expect anything more in terms of musical message, but enjoy the brightness of Levine’s music making.

  • Pizzicato

  • Archives