Dmytro L. Klebanov: Streichquartette Nr. 4 & 5 + Klaviertrio Nr. 2; ARC Ensemble (Erika Raum, Marie Bérard, Violine, Steven Dann, Viola, Thomas Wiehe, Cello, Kevin Ahfat, Klavier); 1 CD Chandos CHAN 20231; Aufnahme 01.2021, Veröffentlichung 10.2021 (73'20) – Rezension von Uwe Krusch

Der jüdisch-ukrainische Komponist Dmytro Klebanov lebte in der Sowjetunion. Wie die weit bekannteren Shostakovich und Weinberg gehört er zu den Künstlern, die vom sowjetischen Terror ins innere Exil verbannt wurden. Klebanov widerfuhr das Schicksal, als Paradebeispiel auserkoren zu sein und so stellvertretend für alle Unliebsamen den Kopf hinhalten zu müssen. Er wurde nicht mit Verbannung oder Arbeitslager abgestraft, aber faktisch daran gehindert, seine Vorstellungen vertonen zu können. Notgedrungen verlegte er sich auf die Komposition politisch korrekter Werke des sozialistischen Realismus.

Dass auch er seine Freiräume fand, um mit Fantasie, temperamentvoller Lebendigkeit und melodisch reich zu komponieren, so dass seine Werke auch musikalisch gehaltvoll sind, kann vielleicht besonders seine Kammermusik zeigen.

Das zweite Klaviertrio kommt romantisch und weitschweifig daher, fesselnde Themen und eine erweiterte harmonische Palette zeichnen es aus. Das vierte Quartett ist nicht weniger ansprechend. Es ging jedoch angreifbare Wege, weil es dem Komponisten Mykola Leontovych gewidmet ist, der vom sowjetischen Cheka (Vorgänger des KGB) ermordet worden war. Erst im rund zwanzig Jahre später entstandenen fünften Quartett, als in den Sechzigerjahren des letzten Jahrhunderts das Sowjetregime mit geglätteten, nicht alles verschlingenden Wogen agierte, zeigt Klebanov sich unverbraucht und kraftvoll und mit Dissonanzen sowie anderen neuen kompositorischen Mitteln.

Das in Kanada beheimatete ARC Ensemble widmet sich in einer losen Reihe der Musik von Exilmusikern, wobei sie sowohl die bedenken, deren Exil in einem anderen Staat zu finden war als auch denen, die ins innere Exil gingen.

Dem ARC Ensemble gelingt es vorzüglich, ihr Anliegen in Tönen hörbar zu machen. Mag man die Musik von Klebanov teilweise auch sehr markant und kantig empfinden, so gelingt es ARC doch, auch die sanglichen Seiten und linearen Entwicklungen der Werke zu beleben und so den ganzen Reichtum der Musik zum Klingen zu bringen. Somit verdanken wir seinen Aktivitäten eine weitere Entdeckung.

The Jewish Ukrainian composer Dmytro Lvovich Klebanov lived in the Soviet Union. Like the far better known Shostakovich and Weinberg, he was one of the artists banished to internal exile by Soviet terror. Klebanov had the fate of being chosen as a prime example of the non-conform composers. He was not punished with banishment or labor camps, but he was de facto prevented from setting his ideas to music. He was forced to compose politically correct works of socialist realism.
That he also found his freedom to compose with imagination, spirited liveliness and melodically rich, so that his works are also musically substantial, can perhaps be shown especially by his chamber music.
The second piano trio comes across as romantic and sweeping, with captivating themes and an expanded harmonic palette distinguishing it. The fourth quartet is no less appealing. However, it went down vulnerable paths because it was dedicated to the composer Leontovych, who had been murdered by the Soviet Cheka (predecessor of the KGB). It is not until the fifth quartet, written some twenty years later, when the Soviet regime was operating with smoothed, not all-consuming waves in the 1960s, that Klebanov shows himself unspent and powerful, and with dissonances as well as other new compositional methods.
The Canadian-based ARC Ensemble devotes a loose series to the music of exiled musicians, considering both those whose exile was in another state and those who went into internal exile. The ARC Ensemble succeeds excellently in making their concern audible in sounds. Even if Klebanov’s music may be perceived as very striking and edgy in parts, ARC succeeds in enlivening the vocal sides and linear developments of the works as well, thus making the entire richness of the music resound. Thus, we owe another discovery to ARC’s activities.

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