SWR Sinfonieorchester Baden Baden und Freiburg
© Klaus Polkowski

Am Mittwoch hatten wir von dem Offenen Brief von 160 Dirigenten berichtet, die für den Erhalt des von Fusion bedrohten SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg (SO) eintreten, gestern über die Aktion der Komponisten.  Heute können wir unseren Lesern ein Update der Information über den Dirigenten-Protest anbieten, mit Auszügen aus den Begleitschreiben einzelner Dirigenten sowie des gesamten Briefs und der mittlerweile auf 162 Namen angewachsenen Liste der Unterzeichnenden.

Ingo Metzmacher stimmt dem offenen Brief „vollinhaltlich zu“ und unterzeichnet ihn „mit Nachdruck“, Gerhard Wimberger sogar „mit großem Nachdruck“, Cornelius Meister sichert dem „großartigen SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg“ seine uneingeschränkte Unterstützung zu, José Serebrier zeigt sich „more than willing to sign this letter“, Michael Luig erklärt, „vehement gegen die Zusammenlegung der Orchester“ zu sein.

Jukka-Pekka Saraste unterstützt den Text „wholeheartedly“, Nello Santi läßt wissen, daß er sich „leidenschaftlich für den Erhalt des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg ausspricht“, Christoph Poppen unterzeichnet „mit voller Überzeugung“, Wolfgang Trommer „aus vollster Überzeugung“, Peter Rundel leistet seine Unterschrift „mit Hoffnung zwischen den Zähnen“ und Bernhard Kontarsky schließlich findet: „Besser kann man’s nicht formulieren“.

Wie diese und die folgenden Beispiele zeigen, haben viele Dirigentinnen und Dirigenten nicht einfach nur ihre Bereitschaft zur Unterzeichnung des offenen Briefes bekundet, sondern über ihre Unterschrift und ihren guten Namen hinaus durch (teilweise umfassende) Kommentare und Stellungnahmen die Unterstützung für das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg (SO) ebenso begründet wie die strikte Ablehnung der vom SWR geplanten Fusion. Sie alle haben sich dabei klar, mutig und entschieden positioniert, die Vertreter der jüngeren Generation sogar ohne Rücksicht auf die eigenen Karrierechancen.

Denn mit diesem „fantastische[n] Orchester“ (Eivind Gullberg Jensen) zu arbeiten, war für viele von ihnen eben, wie Carmen Maria Cârneci schreibt, „ein Lebensereignis“. So gesteht etwa Rainer Mühlbach unumwunden, beim Gedanken an die immerhin 15 Jahre zurückliegende Arbeit mit dem SO „bis heute ins Schwärmen“ zu geraten.

Der australische Dirigent Alexander Briger schwelgt regelrecht in Erinnerungen: „It is indeed a wonderful orchestra and I have very happy memories of recording with them“.

Durch die überwiegende Mehrzahl der Stellungnahmen zieht sich jedoch wie ein roter Faden der Verweis auf die (kultur)politischen Implikationen der Fusionsentscheidung, vor allem aber werden ihre fatalen Folgen thematisiert. Alois Springer beispielsweise spricht mit Blick auf die Fusion von einem „unsinnige[n] Vorhaben“, Kazushi Ono von „einer gewaltigen und unverschämten Situation“, während Titus Engel die Fusionspläne schlicht „unsäglich“ nennt.

In den Augen des Komponisten und Dirigenten George Benjamin wäre, nicht zuletzt angesichts der überragenden Bedeutung des SO für die Musik der Moderne, das fusionbedingte Ende des Orchesters, das er eine „great musical institution“ nennt, nichts geringeres als ein nie wiedergutzumachender Verlust für die gesamte europäische Kulturlandschaft: „I agree absolutely with every word you write, and consider the potential closure of the Freiburg SWR orchestra a disaster for music in Europe; indeed I find it hard to believe that such a thing is possible!“ Weiter heißt es: „I am shocked by the fate awaiting the magnificent SWR Orchestra Baden-Baden and Freiburg […] This orchestra has, in particular, played a seminal role in the development of new music since the war, and I feel that it’s loss will be a terrible blow to artistic life in Europe.“

Eine Einschätzung, die von Emilio Pomàrico geteilt und auf den Punkt gebracht wird: „Loosing the SWR Baden-Baden & Freiburg Orchestra it would be nothing less than a cultural disaster for both Germany and Europe“. In diesem Sinne stellt auch Mark Mast noch einmal klar: „Das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg gehört zu den herausragenden Klangkörpern ebenso des Bundeslandes Baden-Württemberg wie auch der Bundesrepublik Deutschland und international“.

Für Jacques Mercier wäre die Fusion „une véritable catastrophe culturelle et une erreur politique majeure“. Er setzt hinzu: „L’Allemagne doit continuer à faire l’admiration du monde pour son haut niveau musical“.

Moshe Atzmon verweist auf die mit Orchesterfusionen gemachten Erfahrungen und erklärt, „with the strongest words, that I am absolutely against the planned merger of the two orchestras. In my long experience I witnessed several such ‘solutions’ which proved to be a painful operation where the patient either died or came out severely disabled!“ Dem SO bescheinigt er, eine der „pillars of the great German culture“ zu sein. Eindringlich klingt seine abschließende Mahnung: „PLEASE, DON’T RUIN SUCH ORCHESTRAS! To build such musical instruments you need many, many years of hard work. To destroy them, it takes just one wrong step.“

Francis Travis empfindet es als regelrecht „empörend, dass eine Tendenz zur Zerstörung so leicht unter eigentlich kultivierten Politikern eine Oberhand gewinnen kann“. Dabei ware das Gegenteil angebracht, findet Martyn Brabbins: „Although I have only conducted [the] wonderful orchestra on one occasion, […] I know very well the proud tradition of the orchestra and believe 100 percent that this jewel in Germany’s orchestral crown should be nurtured and cherished“.

Michael Schønwandt stellt sich dementsprechend „voll hinter den Erhalt des hervorragenden SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg“ und beklagt zugleich, daß „dessen Qualitäten […] von der kulturpolitischen Seite nicht verstanden“ würden. Gabor Ötvös ist schlechterdings „entsetzt, dass ein Orchester dieser Güteklasse durch Fusion mit einem anderen Orchester künstlerisch zerstört werden soll“. Für ihn ist klar: „Dagegen muss protestiert werden, was ich hiermit nachdrücklich tun möchte“.

Leo Siberski verbindet seine Unterschrift gleichfalls mit einem vehementen Protest, und zwar „gegen Zentralisierung! Gegen qualitativ fragwürdiges, aber sündhaft teures Fernsehprogramm! Gegen systemische Überalterung von Orchestern“.

Immer wieder verweisen Dirigentinnen und Dirigienten, wie z.B. Alicja Mounk, dabei auf das „einzigartige Profil“ des SO, durch das es, so Grzegorz Rafael Nowak, „contributed immensely to musical culture in Germany as well as around the world“. Roger Epple macht das Vorhaben des SWR denn auch fassungslos: „Gerade dieses wunderbare, ganz besonders für die Musik des 20. und 21. Jahrhunderts unersetzbare Orchester aufzulösen bzw. zu fusionieren ist ein völliger Wahnsinn!“ Johannes Harneit warnt in diesem Zusammenhang nachdrücklich davor, daß bei einer Zerschlagung dieses „in der Welt einzigartigen Orchester[s]“ der Verlust der „künstlerische[n] Vielfalt unersetzlich bleiben wird“ und fordert daher dazu auf, „die Identität“ der „eigens geschaffenen Weltmarke“ zu „retten“.

Als Beleg für das tatsächlich weltweite Renommee des SO, Thomas Dausgaard spricht von einer „esteemed musical institution“, mag beispielhaft Michael Tilson Thomas’ unmissverständliche Aussage dienen: „The orchestra is a vital part of German, and indeed international, cultural life. All musicians world wide have deep respect for its mission and its great level of artistry.“

Folglich sorgen die Fusionspläne des SWR selbst in Neuseeland für Kopfschütteln und provozieren entschiedenen Widerspruch. Sir William Southgate, 1994 als erster neuseeländischer Künstler zur Ritter geschlagen, schreibt: „I was very disturbed to learn of the political decision to ‘merge’ the SO and the RSO Stuttgart. This may be an attractive option for bureaucrats and bean-counters, but it would be an unqualified disaster for the cultural heritage of the region. The SO in particular holds a unique position in German artistic life with its acknowledged excellence in championing new music, a service which necessitates a high degree of governmental and local support. Remove or (as is planned) severely dilute this support and the fragility of this tender art is exposed, with the result that this outstanding musical expertise would be irretrievably lost.“ Diese Überlegungen führen Sir William Southgate zur aus seiner Sicht entscheidenden Frage: „Has Peter Boudgoust any idea of the réclame of the SO?“ Die Antwort gibt er gleich selbst: „I have a particular calling in the conducting of German music; however, when still a student in New Zealand, I had never heard of most of the A-list German orchestras – but I knew and admired the work of the Südwestfunk under Hans Rosbaud. That orchestra meant more to me then than the Berlin Philharmonic. Acknowledgement of the SO’s world-wide recognition must surely stay the hand of the executioner.“

Ebenso nutzt der iranische Dirigent Farhad Mechkat die Gelegenheit, „to express my shock and sadness, should such a ‘merger’ occur. It would be an irreparable cultural mistake that must be avoided at all cost“. Seine Erinnerungen verdeutlichen noch einmal sehr schön das außerordentliche Ansehen und die große Bewunderung, die dem SO international entgegengebracht werden: „As someone always fascinated by and looking for contemporary music, I came to know of the SWR SO through the precious recordings they made with the late Mº Hans Rosbaud, then later, [followed by] so many other fantastic performances with composers conducting their own music or that of other of their contemporaries. In that sense, the orchestra has a UNIQUE and UNPARARELLED place in the world of symphony orchestras. It was a great honor for me to be given the opportunity to conduct the SWR SO in works of Lutoslawski, Ligeti and Montague. They played these works with full commitment, enthusiasm, and an ease, as though they were their everyday repertoire. I will always keep very fond memories of our concerts in Baden-Baden and on tour.“

Insbesondere jene Dirigenten, die mit dem SO über viele Jahre hinweg immer wieder zusammengearbeitet haben, zeigen sich persönlich getroffen und zutiefst erschüttert von den Fusionsbestrebungen des SWR. Olaf Henzold etwa schreibt: „Die Pläne zur Zerschlagung des SWR-Sinfonieorchesters […] haben mich sehr betroffen gemacht. Es erfüllt mich mit Scham und mit Zorn, dass in einem kulturell so traditionsreichen Land wie Deutschland einer der besten und wertvollsten Klangkörper aufgelöst werden soll. Fast scheint es, dass man die nach der deutschen Wiedervereinigung so zahlreich durchgeführten Fusionen und Auflösungen ostdeutscher Orchester nun auch im westlichen Teil der Bundesrepublik – natürlich mit der Begründung der finanziellen Alternativlosigkeit – nachahmen möchte. Eine solche Politik ist sehr kurzsichtig. Sie zerstört in kurzer Zeit, was viele Jahre, Jahrzehnte, ja[,] Jahrhunderte zum Wachsen bis hin zur Blüte benötigte.“

David Zinman erklärt, den „Existenzkampf“ des Orchesters habe er „mit einiger Bestürzung zur Kenntnis genommen“, und versichert die Musikerinnen und Musiker „gerne“ seiner „herzhaften Unterstützung in dieser Auseinandersetzung“, denn: „Das SWR-Orchester [Baden-Baden und Freiburg] hat in den vergangenen Jahrzehnten wohl am Ehrlichsten den für den öffentlichen Rundfunk formulierten Auftrag ernst genommen und auch dem zeitgenössischen Musikschaffen Raum gegeben. Dass diese große Leistung und die seiner Chefdirigenten so gedankenlos aufs Spiel gesetzt wird, ist eine deprimierende Erfahrung und es sollte alles getan werden, damit klar wird, dass sie nicht unumstößlich ist.“

Der Bestürzung und dem Entsetzen vieler Kollegen – „Es ist unfassbar, wie all unsere Werte sukzessiv zertrümmert werden“ (Friedrich Haider) – gibt Gérard Korsten mit seinem flammenden Appell eine Stimme, in dem es unter anderem heißt: „Over the past years I have had the honor to be invited to conduct the SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg! I have spent many hours, days, weeks with this wonderful orchestra, recording many pieces, and playing fantastic concerts! Certainly one of the best orchestras I ever conducted in my career of 30 years!! […] The SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg has such a distinct character, an orchestra which has developed it’s own style of playing, having had GREAT Chief conductors! Conducting this orchestra, is like playing on a great Stradivarius, an instrument with it’s own sound, personality! I can not understand how it is possible to join this orchestra with another orchestra, both of these orchestras with their own personalities, with their own public, audience, for me impossible to understand!! I hereby ask the people responsible for making these decisions to rethink this situation. Germany is the country in Europe with the greatest orchestra tradition, and trying to save money in this way will only lead to this tradition being destroyed!! […] I do hope that the people in charge of deciding all of this to think very clearly about the Cultural future of Germany, for our children to be able to experience what this great orchestra has to offer!!“

Auch das Statement von Leif Segerstam läßt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: „My deepest felt protest against the plans to quit the life of the great musichistorically important sound source swf-orchestra [= SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg]. [This is an] incredible initiative in the culturally usually catalytically behaving Germany. I hope sincerely that the activity by grand maestro Gielen will bite away this cancerous idea.“

Jacques Delacôte richtet zusätzlich zu seiner Unterschrift „einen eindringlichen Appell an die Verantwortlichen, die absolut nicht zu widerlegende Argumentation von Maestro Gielen glattweg anzuerkennen und ihren fatalen Beschluss klug und mutig rückgängig zu machen“. Einen ähnlich hoffnungsvollen Wunsch hegt Roland Bader: „Möge die Vernunft, die Einsicht und das Gefühl für das musikalisch Wertvolle die Politiker überwältigen!“

Hier ist der Text des Offenen Briefes mit den Unterschriften:

Vor allem Kultur!

Sehr geehrter Herr Boudgoust,

die von Ihnen gegen jeden guten Rat von musikalisch kompetenter Seite sowie gegen alle Widerstände forcierte und anläßlich einer SWR-Rundfunkratssitzung am 28. September 2012 schließlich auch erwirkte Entscheidung für eine Fusion des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg (SO) mit dem Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des SWR (RSO) ist künstlerisch unsinnig, ökonomisch mindestens fragwürdig und darüber hinaus ein kulturpolitischer Offenbarungseid.

Die Marginalisierung von Kultur mag im Trend liegen, ist aber gewiß ganz und gar unvereinbar mit dem Bildungsauftrag, der die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten qua Staatsvertrag in dessen seit dem 01. Januar 2013 gültiger Fassung durch § 11 Abs. 1 dazu verpflichtet, „Beiträge insbesondere zur Kultur anzubieten“ – also nicht ‚auch‘ oder ‚unter anderem‘, sondern eben ‚hauptsächlich‘, ‚vor allem‘ und ‚in erster Linie‘, um nur drei Synonyme des Wortes „insbesondere“ zu nennen, wie sie sich im Duden finden.

Durch den Kulturabbau, welchen die geplante Fusion seiner beiden noch verbliebenen Sinfonieorchester bedeutet, sägt der SWR als gebührenfinanzierter öffentlich-rechtlicher Sender am Ast, auf dem er sitzt. Die Produktion von Soap-Operas, Talkshows und Kochsendungen sowie die Übertragung von sportlichen Großereignissen, die ohnehin den Gesetzen des Marktes unterworfen ist, da Ausstrahlungsrechte grundsätzlich dem Meistbietenden zugeschlagen werden, dürften schon bald nicht mehr ausreichen, um das Programm des SWR von demjenigen der privaten Rundfunk-und Fernsehanbieter zu unterscheiden. Dies aber ist die unabdingbare Voraussetzung für eine Finanzierung des SWR aus der von den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes gezahlten Haushaltsabgabe. Der SWR muß sich folglich seine zwei Orchester und sein Vokalensemble, die Big Band und das Experimentalstudio sowie die Beteiligung an der Deutschen Radio Philharmonie leisten, um auch weiterhin sein Unterhaltungsprogramm bezahlen zu können – und nicht etwa umgekehrt.

Ein mit 200 Musikern, 98 davon aus dem SO und 102 aus dem RSO, grotesk überdimensioniertes Fusionsorchester ohne individuelles Profil, dessen Zusammenwachsen Jahre und Jahrzehnte beanspruchen wird, taugt jedenfalls nicht als Ausweis des geforderten kulturellen Engagements. Hier wird Kunst zum Feigenblatt reduziert für ein Senderprogramm, das immer mehr auf Quote schielt, statt seinen gesetzlich fixierten Bildungsauftrag zu erfüllen. Dabei waren es doch gerade die rege Konzerttätigkeit – nicht nur in den Landeshauptstädten, sondern im gesamten Sendegebiet – und eine lebendige Konzertkultur mit dem Neuen gegenüber aufgeschlossener Programmatik, durch die das SO fast 70 Jahre lang an jedem Konzertabend aufs Neue die Existenzberechtigung eines gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems unter Beweis gestellt hat. Hinzu kommt eine intensive, exemplarische Jugendarbeit, mit der das Orchester seit Jahren erfolgreich die Neugierde eines jungen Publikums auf klassische Musik, die Lust am Live-Erlebnis eines Konzertbesuchs und die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit dem Abenteuer Avantgarde weckt.

Die Umsetzung der Fusion mag Ihnen auf dem Papier, als reiner Verwaltungsakt betrachtet, durchführbar und mithin möglich erscheinen, unter musikalisch-künstlerischen Gesichtspunkten vertretbar aber ist sie nicht. Kein Dirigent – und damit ausdrücklich auch keiner der Unterzeichnenden – wird in der Lage sein, auf absehbare Zeit aus den zwangsfusionierten Musikern einen Klangkörper zu formen, dessen Rang mit dem der beiden mutwillig zerstörten, traditionsreichen Sinfonieorchester auch nur im Entferntesten konkurrieren könnte. Dies umso mehr, als die Aussicht, in Zukunft nicht mehr in einem erstklassigen, international renommierten Orchester zu spielen, einen Exodus insbesondere der hochtalentierten jüngeren, noch weniger ortsgebundenen Musiker auslösen wird, was wiederum eine dramatische Überalterung des neuen Orchesters nach sich zieht. Die Rahmenbedingungen für musikalische Spitzenleistungen sehen anders aus.

Mit der Entscheidung für Stuttgart als Standort des Fusionsorchesters huldigen Sie zudem einem Zentralismus, dessen verhängnisvolle Auswirkungen auf die Musikkultur in zahlreichen europäischen Staaten zu besichtigen sind, und welcher der in Deutschland historisch gewachsenen Situation einer flächendeckend regionalen Verwurzelung von Kultureinrichtungen diametral entgegensteht. Damit nicht genug, kommt die Aufgabe der grenznahen Standorte Freiburg und Baden-Baden auch der Absage an eine über beinahe sieben Jahrzehnte gewachsene Trinationalität gleich, die das SO auf kultureller Ebene geradezu verkörpert und für die es mit seinen regelmäßigen Auftritten in Frankreich und der Schweiz Pionierarbeit geleistet hat, lange bevor Politiker den Begriff als Werbeslogan für die Region des Dreiländerecks entdeckten.

Die Zerschlagung des SO würde aber nicht nur einen nie wiedergutzumachenden Verlust für die Orchesterkultur dieses Landes bedeuten und den SWR eines wichtigen musikalischen Botschafters in den Nachbarstaaten, ja, in ganz Europa berauben, sondern im Bereich der Orchestermusik auch die Zukunft der Neuen Musik insgesamt bedrohen. Denn auf der Welt dürfte es kein zweites Orchester geben, dessen Musiker sich so vorbehaltlos und selbstverständlich, auf so hohem spieltechnischen Niveau und mit ebenso großer Neugierde wie Leidenschaft für die Musik der Gegenwart einsetzen. Das SO konnte deshalb seit jeher Partituren gerecht werden, die für andere Orchester schlicht unspielbar wären und setzt bis heute immer wieder neue Maßstäbe hinsichtlich der Realisierbarkeit experimenteller Musik.

In den letzten 20 Jahren sind in Deutschland insgesamt 36 Orchester aufgelöst worden und auf diese Weise unwiederbringlich von der Landkarte verschwunden. Dem allgemeinen Kulturkahlschlag sind damit Jahr für Jahr etwa zwei Klangkörper zum Opfer gefallen. Mit einer Rücknahme des unseligen Fusionsbeschlusses und dem Erhalt des SO als eines Spitzenorchesters von internationaler Geltung können Sie Ihren Beitrag leisten zur Bewahrung der weltweit einzigartigen deutschen Orchesterlandschaft. Sie sollte es Ihnen und uns allen wert sein, denn nur Vielfalt schützt vor Einfalt.

Hochachtungsvoll,

David Afkham

Ivor Bolton

Dennis Russell Davies

Guido Ajmone-Marsan

Pierre Boulez

Sir Peter Maxwell Davies

Gerd Albrecht

Martyn Brabbins

Jacques Delacôte

Marc Albrecht

Alexander Briger

Andreas Delfs

Alain Altinoglu

Sylvain Cambreling

Kasper de Roo

Stefan Asbury

Carmen Maria Cârneci

Jean Deroyer

Moshe Atzmon

Robert Casteels

Christoph von Dohnányi

Roland Bader

Friedrich Cerha

Klaus Donath

Hermann Bäumer

Gabriel Chmura

Charles Dutoit

Serge Baudo

Myung-Whun Chung

Christoph Eberle

George Benjamin

David Robert Coleman

Sian Edwards

Hans Michael Beuerle

Denis Comtet

Titus Engel

Herbert Blomstedt

Teodor Currentzis

Roger Epple

Pieter-Jelle de Boer

Joshard Daus

Peter Eötvös

Fabrice Bollon

Thomas Dausgaard

Asher Fisch

Ádám Fischer

Thierry Fischer

Tilo Fuchs

Hortense von Gelmini

Michael Gielen

Johannes Goritzki

Clytus Gottwald

Konstantia Gourzi

Eivind Gullberg

Jensen Leopold

Hager Friedrich

Haider Michael Halász

Johannes Harneit

Nikolaus Harnoncourt

Olaf Henzold Pablo

Heras-Casado

Peter Hirsch

Heinz Holliger

Rupert Huber

Eliahu Inbal

Pietari Inkinen

Neeme Järvi

Marek Janowski

Johannes Kalitzke

Kirill Karabits

Peter Keuschnig

Bernhard Klee

Roland Kluttig

Bernhard Kontarsky

Ton Koopman

Kazimierz Kord

Gérard Korsten

Dieter Kurz

Franz Lang

Yoel Levi

Alexander Liebreich

Wolfgang Lischke

Brad Lubman

Michael Luig

Susanna Mälkki

Othmar Mága

Diego Masson

Mark Mast

Farhad Mechkat

Cornelius Meister

Jacques Mercier

Ingo Metzmacher

Alicja Mounk

Rainer Mühlbach

Christoph-Mathias Mueller

Uwe Mund

Kent Nagano

Günter Neuhold

Yannick Nézet-Séguin

Ulrich Nicolai

Grzegorz Rafael Nowak

Arnold Östman

Gabor Ötvös

Franck Ollu

Kazushi Ono

Krzysztof Penderecki

Alejo Pérez

Robert HP Platz

Emilio Pomàrico

Pierre-Dominique Ponnelle

Christoph Poppen

David Porcelijn

Christof Prick

Hans-Martin Rabenstein

Manfred Reichert

Burkhard Rempe

Peter Richter de Rangenier

Helmuth Rilling

Pascal Rophé

Peter Rundel

Donald Runnicles

Pablo Rus Broseta

Peter Ruzicka

Oswald Sallaberger

Thomas Sanderling

Nello Santi

Jukka-Pekka Saraste

Heinrich Schiff

Urs Schneider

Hanns-Martin Schneidt

Eberhard Schoener

Michael Schønwandt

Holger Schröter-Seebeck

Uri Segal

Leif Segerstam

José Serebrier

Leo Siberski

Nicolas Simon

Stanislaw Skrowaczewski

Sir William Southgate

Christopher Sprenger

Alois Springer

Jonathan Stockhammer

Tadeusz Strugala

Yoav Talmi

Arturo Tamayo

Michael Tilson Thomas

Francis Travis

Wolfgang Trommer

Mario Venzago

Lucas Vis

Ilan Volkov

Edo de Waart

Hans Wallat

Volker Wangenheim

Ralf Weikert

Günther Wich

Gerhard Wimberger

Jürg Wyttenbach

Lothar Zagrosek

Hans Zender

David Zinman

  • Pizzicato

  • Archives