Riccardo Muti

In einem Pressegespräch bei den Salzburger Festspielen sagte Dirigent Riccardo Muti, bei Verdi müsse jede einzelne Note voller Gesang sein. Der Musik selbst wohne eine Regie inne: In ‘La Traviata’ etwa, wenn Giorgio Germont die Bühne betritt, höre man sogar den dicken Bauch und die Arroganz seiner Person in der Musik.

Dass er in diesem Festspielsommer Verdis ‘Ernani’ konzertant aufführe, liege in erster Linie daran, dass er keine Zeit hatte, szenisch zu proben, sagte Muti. Er möge die Vorstellung eines Dirigenten, der nicht nur die Verantwortung für das Orchester und die Musik hat, sondern auch bei der Inszenierung mitreden könne. Gerade weil bei Verdi so viele Dinge in der Musik liegen, sei das sehr wichtig für ihn, sagt Riccardo Muti. „Heute werden der Dirigent und der Regisseur oft als zwei komplett verschiedene Dinge angesehen“, sagt der Maestro. „Früher aber war das anders, da war ein Dirigent auch für das verantwortlich, was auf der Bühne passierte, weil es eben nicht voneinander trennbar ist.“

Oft habe er selbst viele Diskussionen mit Regisseuren geführt, wie man Dinge umsetzen sollte. Er erinnere sich etwa an Glucks „Orfeo ed Euridice“ – Gluck habe eine fröhliche Ouvertüre geschrieben, obwohl die Oper einen tragischen Inhalt habe. „Er hat das gemacht, um dem Publikum Zeit zu geben, die Plätze einzunehmen und den Smalltalk zu beenden“, sagt Maestro Muti. Das sei zu dieser Zeit einfach so Usus gewesen. Dann aber habe Gluck einen Geniestreich gemacht – er leitet die Oper abrupt von C-Dur in c-moll. „Plötzlich ist es wie bei einem Begräbnis“, sagt der Dirigent. Ein Regisseur wollte damals, dass er an genau dieser Stelle warten solle, bis der Chor auf der Bühne ist. „Aber damit schwächt man die Genialität dieser musikalischen Wendung ab“, sagt Riccardo Muti. Er hasse konservative Inszenierungen – und sei offen für neue Produktionen, sie müssen nur gut gemacht sein und im Einklang mit der Musik funktionieren.

Verdi sei jemand gewesen, der immer mitgeredet hat bei der Auswahl der Sänger und der sogar schon beim Libretto mitgewirkt habe, damit alles nach seinen Vorstellungen zur Aufführung gebracht wird. Er wolle seine Zeit nutzen, um diese Art des Dirigats zu vermitteln, sagt der Maestro. « Natürlich habe ich die Wahrheit auch nicht in meiner Tasche, aber ich will versuchen die italienische Tradition am Leben zu erhalten“, sagt er. Er sehe einen Schnitt in der Interpretation italienischer Opern, nachdem Toscanini Italien verlassen habe. « Ich mache mir Sorgen um die Tradition der italienischen Oper“, sagt der Maestro. Daher habe er in Italien auch eine Akademie eröffnet, in der junge Dirigenten lernen sollen, wie sie eine italienische Oper vorbereiten. Es sei harte Arbeit, eine neue Interpretation zu erarbeiten und das brauche Zeit, sagt der Maestro.

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