50 Jahre lang ist Dieter Oehms nun im Schallplattengeschäft, zuerst bei den ehemaligen Majors, heute als Chef des eigenen Labels, das er 2002 gründete und als erfahrener Branchenkenner allem Gegenwind zum Trotz zum Erfolg führte. Oehms Classics steht heute für ein klares Konzept, künstlerisch-musikalischen Anspruch und Qualität. Produktionen wie die Gesamteinspielung der Bruckner-Symphonien unter Stanislaw Skrowaczewski, Michael Korsticks Beethoven-Interpretationen, Dmitrij Kitajenkos Tchaikovsky-Zyklus, Entdeckungen wie die Klaviermusik von Evgeny Gunst, die Produktionen mit jungen Künstlern wie Valer Sabadus, Iskandar Widjaja, Alexej Gorlatsch oder William Youn haben in der Schallplattengeschichte bleibende Werte geschaffen. Zum Jubiläum von Dieter Oehms entbietet Pizzicato seine besten Glückwünsche.

Dieter Oehms
(c) Dorothee Falke

Herr Oehms, wie kamen Sie denn eigentlich ins Schallplattengeschäft?
Der Wunsch, im Musikgeschäft tätig zu werden, beschäftigte mich sehr früh und intensiv. Anfang 1965 vermittelte der Berliner Musikverleger Will Meisel ein Vorstellungsgespräch bei der Deutschen Grammophon Gesellschaft in Hamburg. Das Resultat: Einstellung als Nachwuchsverkäufer mit Wirkung vom 20. April 1965. Der erste Schritt war getan …

Und die nächsten Schritte?
Juniorverkäufer im Regionalbüro München, Einsatz in Bayern und Baden-Württemberg. Es folgte die Verkaufsleitung Süd in München, ab 1977 die Leitung der Verkaufszentrale in Frankfurt und zum Beginn des Jahres 1979 die Ernennung zum Vertriebsleiter der DGG in Hamburg. Ab 1983 dann Geschäftsführer Deutsche Grammophon, 1985 Geschäftsführer Polygram Deutschland und mit der Markteinführung der von Philips und Sony entwickelten Compact-Disc (CD) betraut. Nach erfolgreicher Platzierung der CD erfolgte 1990 die Bestellung zum Leiter des „Bereichs Consumer Electronics der Deutschen Philips GmbH“ in Hamburg, bis 1994.

Dieter Oehms mit dem Pianisten Michael Korstick (c) Dorothee Falke

Dieter Oehms mit dem Pianisten Michael Korstick
(c) Dorothee Falke

Und danach wechselten Sie zu BMG, mit einer reizvollen Aufgabe.
Ja, 1995 erhielt ich vom damaligen BMG-Präsidenten Rudi Gassner, New York, den Auftrag zur Gründung des BMG-Budget-Labels Arte Nova als Joint Venture mit Sitz in München. Bis zum Jahr 2002 wurden rund 700 Neuproduktionen realisiert, darunter die sensationellen Aufnahmen der Beethoven-Sinfonien mit dem Tonhalle-Orchester Zürich und David Zinman mit über einer Million verkaufter CDs und auch die ersten CD-Aufnahmen mit dem späteren Erfolgsduo Christian Gerhaher und Pianist Gerold Huber.

Die Scheidung erfolgte im verflixten Siebten Jahr?
Da ich die Schließung des Musikbereiches von Bertelsmann voraussah, kam tatsächlich 2002 der Entschluss zur Gründung eines eigenen Labels, um mein Leben auch weiterhin der Musik widmen zu können – unabhängig von den Launen der Großkonzerne und der dort handelnden Personen. Die Eintragung der neuen Gesellschaft erfolgte am 8. Oktober 2002 beim Amtsgericht Passau, das Logo des Labels OehmsClassics kreierte das Peter Schmidt-Studio in Hamburg. Seit dem 1. Oktober 2004 ist der Firmensitz in München.

Dieter Oehms und die Dirigentin Simone Young (c) Nina Prasse

Dieter Oehms und die Dirigentin Simone Young
(c) Nina Prasse

Mit welcher Vision gingen Sie an die Arbeit?
Ich wollte zunächst jungen Künstlern zum Debüt zu verhelfen sowie Künstler, die nicht die verdiente Beachtung erhielten, mit CD-Produktionen begleiten. Das wurde schnell auch durch die Nachfrage renommierter Institutionen, Opernhäuser, Orchester, Dirigenten und Solisten ergänzt, denen der Auftritt und die Arbeitsweise des Labels imponierten. Es entstanden seit Bestehen des Labels ca. 650 Produktionen, also rund 50 jährlich, darunter zahlreiche Debütanten, Raritäten und bedeutende Werkzyklen großer Komponisten. Bis zum heutigen Tage prägen Neugierde, Musikbegeisterung und uneingeschränkter Idealismus meine Arbeitsweise, die von den Medien mit zahlreichen Auszeichnungen und internationalen Preisen gewürdigt wurde.

Und Ihr Marketing-Credo?
Wir müssen an die Orte gehen, wo die Musik stattfindet. Wir müssen überlegen, wie wir satte Affen an den Tisch bringen, wenn der Konsument in seinem Ort keinen Platten- oder Musikladen mehr findet. Wir gehen bevorzugt dorthin, wo die Musik stattfindet, wo der Konsument begeistert ist und wo er dann sagt: ‘Ach, das hat mir gefallen und hier gibt es die CD. Ja, die nehme ich mir mit!’ Das sind die Rezepte, die uns einen additionalen Wert bringen gegenüber denjenigen, die nur jammern und klagen und nichts tun.

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