Alexandre Tansman: Klavierkonzert Nr. 1; Grazyna Bacewicz: Klavierkonzert; Julia Kociuban, Klavier; Artur Rubinstein Philharmonie Lodz, Pawel Przytocki; 1 CD Dux 1612 Aufnahme 09/2019, Veröffentlichung 28/02/2020 (43'46) - Rezension von Remy Franck

Alexandre Tansman (1897-1986), Neoklassiker mit manchmal scriabineskem Einschlag, ist ein immer noch zu wenig bekannter Komponist. Und doch war er zu Lebzeiten sehr geschätzt und ein Mann von Welt, der mit Herrschern und Politikern (Mahatma Gandhi, Kaiser Hirohito) ebenso Kontakt hatte wie mit Persönlichkeiten wie Charles Chaplin oder George Gershwin. Tansman kam als Sohn einer jüdischen Familie in Polen zur Welt. Er studierte am Konservatorium seiner Heimatstadt Lodz und an der Universität Warschau. 1919 zog er nach Paris, wo er bald zum Freundeskreis von Maurice Ravel gehörte. Seine Auswanderung in die Vereinigten Staaten wurde 1941 durch den Einsatz von Chaplin, Toscanini und Koussevitzky ermöglicht. In Los Angeles schloss er Kontakt mit Igor Stravinsky. Nach Kriegsende kehrte Tansman nach Frankreich zurück.

Dieses Leben spiegelt sich in einer Musik, die durch sämtliche Musikrichtungen seiner Zeit beeinflusst wurde und doch nie epigonenhaft klingt. Sie ist anspruchsvoll und verlangt vom Interpreten Fantasie und Spontaneität. Beides bringt Julia Kociuban mit, und im Zusammenspiel mit der Rubinstein Philharmonie gelingt ihr eine sehr lebendige und farbige Interpretation. Das Erste Klavierkonzert ist viersätzig und enthält neben einem elegischen Lento drei energetische Sätze mit einer nervös-quirligen Musik, die Kociuban mit spritziger Leichtigkeit spielt. Ein anhaltend spannungsvolles Musizieren vermeidet jedes sinnentleerte Plappern. Die Aufnahme ist umso bedeutungsvoller als es gegenwärtig die einzige ist, die in den Katalogen auftaucht.

Elf Jahre nach Tansman wurde in Lodz Grazyna Bacewicz geboren, deren Werk in den letzten Jahren wieder entdeckt wurde. Ihr Klavierkonzert von 1949 gewann beim Kompositionswettbewerb zu Chopins 100. Todestag den 2. Preis (ein erster wurde nicht vergeben). Im Grunde ist das Werk neoklassisch, aber insgesamt rhetorischer und ideenreicher als das Konzert von Tansman, so dass man ihm auch in gewisser Hinsicht eine neoromantische Qualität zugestehen kann.

Die Interpretation ist sehr gut, spannend und eloquent, und so kann man diese CD nur nachdrücklich empfehlen. Auch Musikfreunde mit Berührungsängsten, was Musik des XX. Jahrhunderts angeht, brauchen davor nicht zurückzuschrecken.

Alexandre Tansman (1897-1986), a neo-classical composer with a sometimes scriabinesque touch, is still too little known. And yet he was highly esteemed during his lifetime and a man of the world who had contact with people like Mahatma Gandhi and Emperor Hirohito as well as with personalities such as Charles Chaplin and George Gershwin. Tansman was born the son of a Jewish family in Poland. He studied at the conservatory of his hometown Lodz and at the University of Warsaw. In 1919 he moved to Paris, where he soon belonged to the circle of friends of Maurice Ravel. His emigration to the United States in 1941 was made possible by Chaplin, Toscanini and Koussevitzky. At the end of the war, Tansman returned to France.
This life is reflected in a music that was influenced by all the musical styles of his time and yet never sounds imitative. It is demanding and requires fantasy and spontaneity from the performer. Julia Kociuban has both, and in collaboration with the Rubinstein Philharmonic she succeeds in a very lively and colourful interpretation. The First Piano Concerto consists of four movements and, in addition to an elegiac lento, contains three energetic movements of nervous, whirling music, which Kociuban plays with sparkling lightness. A sustained, suspenseful music-making avoids any meaningless chatter. The recording is all the more important as it is currently the only one listed in the catalogues.
Eleven years after Tansman, Grazyna Bacewicz was born in Lodz. Her Piano Concerto of 1949 won Second Prize in the composition competition for Chopin’s 100th anniversary of death (a First Prize was not awarded). Basically, the work is neoclassical, but overall more rhetorical and imaginative than Tansman’s concerto, so that one can also grant it a neo-romantic quality.
The interpretation is very good, exciting and eloquent, and so this CD can only be strongly recommended.

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