Johann Sebastian Bach: Concerto in C minor BWV 981 - Adagio, Geschwinde, ihr wirbelnden Winde + Aria: Patron das macht der Wind, Himmelskönig, sei willkommen + Sonata, Ich hatte viel Bekümmernis + Sinfonia, Jauchzet Gott in allen Landen - Aria: Jauchzet Gott in allen Landen, Lobet Gott in seinen Reichen + Aria: Jesu, deine Gnadenblicke - Johann Adolph Scheibe: Concerto: In Festo Michaelis + Der Engel des Herrn lagert sich + Aria: Sehr geschwinde gleich dem Winde, Der Tempel des Ruhmes + Sinfonia in D-Dur, Die Auferstehung und Himmelfahrt Jesu + Aria: Willkommen, Heiland, Wer sich rühmen will + Aria: Edle Unschuld gib die Gründe + Sonata zu Den døende Jesus; Marie-Sophie Pollak, Sopran, Concerto Köln, Max Volbers; # Berlin Classics 0304099BC; Aufnahme 08.2024, Veröffentlichung 05.09.2025 (69'09) – Rezension von Pál Körtefa ** (For English please scroll down)

1737 veröffentlichte der Musiker und Musikgelehrte Johann Adolf Scheibe eine Glosse, in der er die Eigenheiten angesehener Komponisten karikierte. Ohne Namen oder Orte zu nennen, war den Zeitgenossen, insbesondere Johann Sebastian Bach, gegen den sich die Schmähkritik richtete, bewusst, wen er meinte. Das führte zu Reaktionen des Angegriffenen.

Scheibes Ansinnen richtet sich auf den ästhetischen Wandel in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, der weg von kontrapunktischem und polyphonem Komponieren hin zu einer schlichteren, melodie- und oberstimmenbetonten Kompositionsweise führte. In Scheibes Sicht war Bach der Repräsentant des antiquierten schwülstigen Stils. Dass Bach auch in der neuen Art komponierte, wie Suiten- und Partiten belegen, ignorierte Scheibe geflissentlich.

Während der Stern von Bach nach wie vor strahlt, liegt der von Scheibe noch weitgehend im Dunkeln. Die vorliegende Aufnahme möchte in der Gegenüberstellung von Werken der beiden eine neue Belichtung erreichen, um zu zeigen, dass auch die Werke des Unbekannten ihre Reize aussenden. Die Interpreten haben weitgehend Einzelarien für Sopran für ihre Solistin Marie-Sophie Pollak aufgenommen, dazu instrumentale Werke. Beide Komponisten sind abwechselnd zu hören. Die Stücke von Scheibe erklingen in Erstaufnahmen.

Dabei hat Concerto Köln die Arie ‘Jauchzet Gott in allen Landen’ in einer um eine zweite Trompete und Pauken erweiterten Fassung des Bach Sohnes Wilhelm Friedemann an den Anfang gestellt, so dass der Einstieg besonders wirkungsvoll ist. Die direkt nachfolgende Arie ‘Edle Unschuld, gib die Gründe’ von Scheibe steht dazu mit galanterem Stil im Gegensatz. Zu jedem Stück kann man dem Buch prägnante Informationen entnehmen.

Concerto Köln überzeugt erneut mit einer charakterfesten, farbenreichen, durchsichtigen und agilen Spielart, die beiden Werken bestens gerecht wird. Sie legen die Eigenheiten im Stil der beiden Kontrahenten offen und eröffnen so eine detaillierte Gegenüberstellung, die zwar die Unterschiede der Kompositionsweisen hörbar macht, aber eben auch nicht erkennen lässt, warum Johann Adolph Scheibe so stiefmütterlich behandelt wird.

Marie-Sophie Pollak singt die Arien mit guter Diktion und Verständlichkeit. Dabei weiß auch sie die Charakteristika des Barock und des galanten Stils zu heben. Ihr mitunter etwas spitz anmutender Gesang, was auch an der Nähe des Mikrophons liegen könnte, wird vergessen, wenn sie dann auch mit perfekter Linie und klangrein ihren Sopran zum Klingen bringt.

In 1737, the musician and music scholar Johann Adolf Scheibe published a gloss in which he caricatured the idiosyncrasies of respected composers. Without mentioning names or places, his contemporaries, in particular Johann Sebastian Bach, against whom the vituperative criticism was directed, were aware of who he was referring to. This led to reactions from the target. Scheibe’s concern is directed at the aesthetic change in the first half of the 18th century, which led away from contrapuntal and polyphonic composition towards a simpler, melody- and upper voice-emphasized compositional style. In Scheibe’s view, Bach was the representative of the antiquated, pompous style. Scheibe deliberately ignored the fact that Bach also composed in the new style, as evidenced by his suites and partitas.

While Bach’s star continues to shine, Scheibe’s is still largely in the dark. By juxtaposing works by the two composers, this recording aims to shed new light on the fact that the works of the unknown also have their charms. The performers have largely recorded individual arias for soprano for their soloist Marie-Sophie Pollak, as well as instrumental works. Both composers can be heard alternately. The pieces by Scheibe are premiere recordings.

Concerto Köln has placed the aria ‘Jauchzet Gott in allen Landen’ at the beginning in a version by Bach’s son Wilhelm Friedemann that has been expanded to include a second trumpet and timpani, so that the introduction is particularly effective. The immediately following aria ‘Edle Unschuld, gib die Gründe’ by Scheibe contrasts with this in a more gallant style. The book contains concise information on each piece.

Concerto Köln once again convinces with a characterful, colorful, transparent and agile playing style that does justice to both works. They reveal the idiosyncrasies in the style of the two opponents and thus open up a detailed juxtaposition that makes the differences in the compositional styles audible, but also does not reveal why Johann Adolph Scheibe is treated so neglected.

Marie-Sophie Pollak sings the arias with good diction and intelligibility. She also knows how to emphasize the characteristics of the baroque and gallant style. Her singing, which sometimes seems a little sharp, which could also be due to the proximity of the microphone, is forgotten when she brings her soprano voice to life with a perfect line and pure sound.

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