Ernest Chausson: Poème für Violine & Orchester; Sergei Prokofiev: Konzert für Violine und Orchester Nr. 1; Einojuhani Rautavaara: Serenaden Nr. 1 (pour mon amour) & Nr. 2 (pour la vie); Hilary Hahn, Violine, Orchestre Philharmonique de Radio France, Mikko Franck; 1 CD Deutsche Grammophon 48398478; Aufnahme 02+06/2019, Veröffentlichung 03/2021 (53'03) – Rezension von Uwe Krusch

Die auf diesem Album von Hilary Hahn vorgestellten Kompositionen sind alle mit der Stadt Paris verbunden, sei es durch ihre Entstehung, ihre Uraufführung oder wie im Falle der beiden Serenaden von Rautavaara aus der Zeit von Hilary Hahn als Artist in Residence beim auch hier begleitenden Orchester.

Die Hilary Hahn gewidmeten Rautavaara-Serenaden haben ihrem Titel entsprechend ein leichteres Gewand und einen sanglichen Charakter. Jedoch vermitteln sie trotzdem den Eindruck reifer Kompositionen, die mit Sorgfalt gesetzt worden sind. Das liegt wohl auch an der engen Beziehung des Komponisten sowohl zu Hilary Hahn als auch zu Mikko Franck, denen er eine starke Komposition zudachte, die wegen seines Todes nicht mehr ganz vollendet wurde und auch erst von der Witwe weitergegeben wurde. Die nur im Klavierauszug vollendete zweite Serenade hat Kalevi Aho, Kompositionsschüler von Rautavaara, selber finnischer Komponist und Geiger, instrumentiert, so dass diese beiden Werke anlässlich ihrer Uraufführung aufgenommen werden konnten.

Der gerade erst vor wenigen Monaten bis 2027 verlängerte Vertrag des Dirigenten Mikko Franck beim kurz als Philhar bezeichneten Orchester zeugt davon, dass sie sich gut verstehen und mehr als respektable musikalische Reisen miteinander gestalten. Davon kann man sich auch in dieser Aufnahme überzeugen. Mit exquisiten Instrumentalgruppen bietet das Philhar der Solistin eine ebenso schützende wie inspirierende Umgebung, um ihre Soli darin zu entfalten. Und dass sie sich dort ebenso wohl fühlt und Dritte im Bunde wird, mag da kaum überraschen.

Mag auch die Zusammenstellung der Stücke abgesehen vom Bezug zu Paris nicht ganz zwingend sein, so zeigt sie doch verschiedene Seiten von Hilary Hahn. Mit ihrem elegant gepflegt klangvollen Ton ist sie insbesondere bei Chausson, aber auch in den Serenaden bestens aufgehoben. Doch würde man zu kurz greifen, nur diese Seite zu hören. Im von ihr sehr geschätzten ersten Konzert von Prokofiev kann sie ebenso überzeugend auch die spielerischen Finessen sauber und mit feiner Akkuratesse ausformulieren. So findet sie hier eine gute Synthese zwischen den eher trockenen technischen Merkmalen, die bereits auf Prokofievs späteren Kompositionsstil verweisen, als auch für die im Werk ebenfalls angelegte romantische Musiksprache. Hilary Hahn, die sich ein Sabbatical gegönnt hat, meldet sich also äußerst überzeugend zurück.

The compositions presented on this album by Hilary Hahn are all connected with the city of Paris, be it through their creation, their premiere or, as in the case of the two Rautavaara serenades from Hilary Hahn’s time as artist in residence with the Orchestre Philharmonique de Radio France and Mikko Franck. These serenades have a light and songlike character. However, they still give the impression of strong compositions that have been set with care. This is probably due to the composer’s close relationship with both Hilary Hahn and Mikko Franck, to whom he gave a mature composition, which, because of his death, stayed unfinished. The second serenade, completed only in piano score, was orchestrated by Kalevi Aho, composition student of Rautavaara, himself a Finnish composer and violinist, so that these two works could be recorded on the occasion of their premiere.
The conductor’s contract with the orchestra, the so-called Philhar, extended just a few months ago until 2027, testifies to the fact that they get along well and create more than respectable musical journeys together. One can see this for oneself in this recording. With exquisite instrumental groups, the Philhar offers the soloist a protective as well as inspiring environment in which to develop her solos. And that she feels equally at home there and becomes the third in the group may hardly come as a surprise.
Even if the composition of the pieces, apart from the reference to Paris, is not entirely compelling, it still shows different sides of Hilary Hahn. With her elegantly cultivated sonorous tone, she is at her best in Chausson in particular, but also in the serenades. But one would fall short to hear only this side. In the first concerto by Prokofiev, which she holds in very high esteem, she is able to formulate just as convincingly the finesses cleanly and with fine accuracy. Thus, she finds here a good synthesis between the rather dry technical characteristics, which already refer to Prokofiev’s later compositional style, as well as for the romantic musical language also suggested in the work. After her sabbatical Hilary Hahn definitely makes an extremely convincing return.

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