Ermanno Wolf-Ferrari: Sonaten für Violine & Klavier Nr. 1-3; Davide Alogna, Violine, Costantino Catena, Klavier; 1 CD Brilliant Classics 96093; Aufnahme 11/2019, Veröffentlichung 27/11/2020 (73'18) – Rezension von Uwe Krusch

Ermanno Wolf-Ferrari gehörte vor dem Ersten Weltkrieg zu den meistgespielten Opernkomponisten. Dieser deutsch-italienische Tonsetzer hat aber auch gehaltvolle Kammermusik geschrieben, die ihm selbst wichtig war. Aus diesem Bereich bringen die beiden Interpreten die drei Sonaten für Violine und Klavier zu Gehör. Diese wenig bekannten Sonaten in romantischem Stil entstanden zu verschiedenen Zeitpunkten. Die erste schrieb der 19-jährige noch im Studium in München. Trotz ausgedehnter Gestaltung, die man der Unerfahrenheit zuschreiben darf, überzeugt sie schon mit ihrer Frische, partiell geradezu reizvoller Wirkung. Persönlicher im Ausdruck ist die Zweite, bei der er deutsches und italienisches Idiom verbindet. Die späte dritte Sonate geht mit neoklassizistischen Formen neue Wege. Trotz einer nicht machbaren Kategorisierung vereint seine Werke sein Streben nach einer Schönheit, die auf Wohlbefinden und Sinnlichkeit, nicht auf Regeln setzt.

Der Geiger David Alogna und der Pianist Costantino Catena bieten diese selten zu hörenden Werke nun in der wohl zweiten Gesamteinspielung an. Alogna gibt den ohnehin ausdrucksvollen Stücken seine gesamte gestalterische und auch technisch-spielerische Kraft mit. Bei sicherer Beherrschung des Metiers schafft er streckenweise Klänge, die neben der Musik auch vom Einsatz des Instrumentes begleitet werden. Wenn man Romantik bzw. romantisch heute meist mit einem sentimentalen Zustand des Reichtums an Gefühlen verbindet, so präsentiert Alogna die Musik und sich so gefühlsstark, dass man manchmal schlichtweg überwältigt sein mag. Wenn man den Reichtum an Gefühlen auch im Sinne eines versonnen Träumenden versteht, dann fehlt etwas Besinnliches an diesem Ausdrucksbemühen. Anders als in seiner Castelnuovo-Tedesco Interpretationen (Pizzicato-Rezension)

meint man, hier möglicherweise den teutonischen Anteil in Wolf-Ferrari stampfen zu hören, wo ein kraftvolles Ausschreiten gereicht hätte.

Costantino Catena bewährt sich daneben als aufmerksam mitgestaltender Pianist, der aber nicht den Faden der Ausdrucksformulierung an sich reißt, sondern eher wohldosiert seinen Anteil gestaltet und mit diesem Ansatz dazu beiträgt, dass die Interpretationen eine erfreuliche Bereicherung des Katalogs darstellen, da auch das Aufnahmeteam einen intensiven, aber klaren Zugang zu der Musik unterstützt.

Ermanno Wolf-Ferrari was one of the most frequently performed opera composers before the First World War. However, this German-Italian composer also wrote chamber music, which was important to him. The little known violin, romantic sonatas written at different times. The 19-year-old wrote the first one while still studying in Munich. In spite of the length, which can be attributed to his missing experience, it is already convincing with its freshness, sometimes even its charming effect. The second sonata in which he combines the German and Italian idiom is more personal in its expression. The late third sonata breaks new ground with neoclassical forms. Despite an impossible categorization, his works are united by his striving for a beauty that is based on well-being and sensuality, not on rules.
Violinist David Alogna and pianist Costantino Catena now present these rarely heard works in what is probably the second complete recording. Alogna gives the already expressive pieces all his creative and also technical-playful power. With a secure mastery of the métier he creates a sound containing some technical noise. He is so emotionally strong that sometimes one may simply be overwhelmed. If the wealth of feelings is also understood in the sense of a pensive dreamer, then there is something contemplative missing from this expressive effort. In contrast to his Castelnuovo-Tedesco interpretations (Pizzicato review) , here one thinks one might hear the Teutonic part stomping in Wolf Ferrari, where a powerful pace would have been enough.
Costantino Catena is an attentive pianist who does not tear the thread of the expressive formulation to himself, but rather shapes his part in a well-dosed way. With this approach he contributes to the fact that the interpretations are a pleasant enrichment of the catalogue, since the recording team did a good job as well.

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