Salzburg

Um die «Macht des Mythos» geht es bei den Salzburger Sommerfestspielen 2019 – mit dezidierten Gegenwartsbezügen. So soll etwa Peter Sellars’ Eröffnungsinszenierung von Mozarts «Idomeneo» auf die Folgen der globalen Erwärmung Bezug nehmen. Die mythischen Erzählungen der Antike stellten die ewig gültigen Fragen nach unserer Existenz, hieß es bei der Vorstellung des Festspielprogramms am Mittwoch in Salzburg. «Sie thematisieren Krieg, Flucht, Opfer, Rachedurst, Schuld und Sühne», es gehe darum, diese «Archive der Welterkenntnis» unter aktuellen Gesichtspunkten anzuzapfen, sagte Festspielintendant Markus Hinterhäuser.

Zur Eröffnung wird die Mozart-Oper «Idomeneo» in einer Inszenierung des US-Regisseurs Peter Sellars gezeigt. Am Pult steht Teodor Currentzis. Er werde Mythos und aktuelle Themen vereinen, hat Sellars angekündigt. Er wolle das versunkene sagenhafte Atlantis als Symbol für die drohende Klimakatastrophe auf die Bühne der Felsenreitschule bringen. «Wir werden einen ‹Idomeneo› im Zeichen der globalen Erwärmung machen, um zu zeigen, was es bedeutet, wenn der Meeresspiegel steigt.»

Mit «Œdipe» des rumänischen Komponisten George Enescu über die Tragik von Ödipus, der unwissend seinen Vater tötete, wird eine der bekanntesten Erzählungen der Antike auf die Opernbühne gebracht. Regie führt Achim Freyer. Medea, als eine der zentralen mythologischen Frauenfiguren, ist zweifach im Programm. Die Oper «Médée» von Luigi Cherubini wird von Simon Stone inszeniert. Ergänzend wolle der französische Komponist Pascal Dusapin mit der konzertant aufgeführten Oper «Medeamaterial» eine aufwühlend zeitgenössische Interpretation des Stoffes um eine Mutter, die ihre Kinder tötet, bieten, hieß es. Außerdem ist im Opernprogramm Giuseppe Verdis weniger bekannte Oper «Simon Boccanegra» vertreten. Auf programmatisch ungewohnten Pfaden wandelt das Festival auch mit «Orphée aux enfers» («Orpheus in der Unterwelt») zum 200. Geburtstag von Jacques Offenbach 2019.

Mythische Stoffe sind auch im Schauspielprogramm zu finden. Die Uraufführung von Theresia Walsers «Die Empörten» soll den antiken Grundkonflikt von Antigone und Kreon in die Gegenwart übertragen. Es handle sich laut Walser, einer Tochter des Schriftstellers Martin Walser, um eine «finstere Komödie» voller Wortwitz und kluger Dialoge. Die Hauptrolle verkörpert Caroline Peters.

Eröffnet wird das Theaterprogramm mit einer Adaption von Ödön von Horváths Schlüsselroman «Jugend ohne Gott» aus dem Jahr 1933, entstanden kurz vor dem Zusammenbruch der österreichischen Demokratie. Maxim Gorki ist mit dem 1904 geschriebenen Stück «Sommergäste» vertreten. Es zeige exemplarisch den Mangel an Empathie in einer unpolitischen Gesellschaft, die sich nur noch für sich selbst interessiere.

«Jedermann»-Darsteller Tobias Moretti bekommt mit der preisgekrönten Schauspielerin Valery Tscheplanowa eine neue Buhlschaft an seine Seite. Große Namen tauchen bei den Lesungen auf. Angela Winkler, Senta Berger, Corinna Harfouch, Birgit Minichmayr, Ulrich Matthes präsentieren Dichtungen wie «Ulysses» von James Joyce und «Mythos Orpheus und Eurydike». Die Salzburger Festspiele zeigen vom 20. Juli bis zum 31. August 2019 insgesamt 199 Aufführungen.

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