Franz Schmidt: Symphonien Nr. 1-4 + Intermezzo aus Notre Dame; Radio-Sinfonie-Orchester Frankfurt, Paavo Järvi; 3 CDs Deutsche Grammophon 4838336; Aufnahmen 2013-2017, Veröffentlichung 11/09/2020 (180') - Rezension von Remy Franck

Franz Schmidt (1874-1939) gehört zu den vielen unterschätzten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Sein Gesamtwerk ist überschaubar und orientiert sich in spätromantischen Klängen an Komponisten wie Brahms und Bruckner, bleibt aber dennoch recht modern in seiner Ausdrucksweise.

Wenn ein Dirigent wie Paavo Järvi sich mit der Symphonien-Gesamtaufnahme für den Komponisten einsetzt, dann ist dies eine sehr engagierte Entscheidung. Entsprechend stark sind Järvis stimmungsvolle und schillernd farbige Interpretationen. Klangliche Opulenz, ein  starker symphonischer Atem und eine große Ausdruckskraft gehen Hand in Hand in diesen sehr geschmackvollen, intelligent konzipierten und höchst intensiven Einspielungen, die Schmidts Kompositionskunst ebenso deutlich werden lassen wie die Gefühlskraft seiner Musik.

Schmidts Vierte Symphonie gehört zu seinen besten und persönlichsten Werken. Järvis Aufnahme bestätigt aber auch, dass es eines der bedeutendsten Werke dieser Gattung in der ersten Hälfte des XX. Jahrhunderts ist. Schmidt übertitelte die Komposition ‘Requiem für meine Tochter’. Sie hat vier Sätze, die attacca ineinander übergehen, und so breitet sich die elegische und über weite Strecken schmerzliche Musik fast eine dreiviertel Stunde lang aus und ergreift den Hörer zutiefst. Das gilt zumindest für diese tief empfundene und geatmete Interpretation von Paavo Järvi, der mit dem exzellenten hr-sinfonieorchester eine enorme Spannung aufrechterhält und die Brüche in der Musik aufregend vollzieht.

Die zwei mir bekannten Gesamtaufnahmen (MDR-Orchester unter Fabio Luisi und das Orchester aus Malmö unter Vassily Sinaisky) werden mit dieser neuen Produktion nicht zuletzt auch wegen der perfekt ausbalancierten Tonaufnahme in den Schatten gestellt.

Franz Schmidt (1874-1939) is one of the many underrated composers of the 20th century. His oeuvre is relatively small and oriented in late romantic sounds to composers such as Brahms and Bruckner, but nevertheless remains quite modern in its expression.
When a conductor like Paavo Järvi commits himself to the composer with the complete recording of his symphonies, it is a very meaningful decision. His atmospheric and dazzlingly colourful interpretations are correspondingly strong. Sound opulence, a great symphonic breath and great expressiveness go hand in hand in these very tasteful, intelligently conceived and highly intense recordings, which make Schmidt’s art of composition as clear as the emotional power of the music.
Schmidt’s Fourth Symphony is one of his best and most personal works. But Järvi’s recording also confirms that it is one of the most important works of this genre in the first half of the XXth century. Schmidt titled the composition ‘Requiem for my daughter’. It has four movements that merge into each other ‘attacca’, and so the elegiac and often painful music lasts for almost three quarters of an hour and deeply grips the listener. This is at least true for this deeply felt and breathed interpretation by Paavo Järvi, who, together with the excellent hr-symphony orchestra, maintains an enormous tension and excitingly performs the disruptions in the music.
The two complete recordings known to me (MDR Orchestra under Fabio Luisi, and the Orchestra from Malmö under Vassily Sinaisky) are outclassed by this new production, not least because of the perfectly balanced sound recording.

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