Maurice Ravel: L’enfant et les sortilèges; Claude Debussy: L’enfant prodigue, Symphonie (Orch. Colin Matthews); Karina Gauvin (Lia), Roberto Alagna (Azael), Jean-François Lapointe (Siméon/Le Chat, L’Horloge Comtoise), Chloé Briot (L’Enfant), Nathalie Stutzmann (Maman, La Tasse chinoise, La Libellule), Sabine Devieilhe (Le Feu, La Princesse, Le Rossignol), Jodie Devos (La Chauve-souris, La Chouette, Une Pastourelle), Julie Pasturaud (La Bergère, La Chatte, L’Ecureuil, Un Pâtre), François Piolino (La Théière, Le petit Vieillard, La Rainette), Jean-François Lapointe, Nicolas Courjal (Le Fauteuil, L’Arbre), Maîtrise de Radio France, Chœur de Radio France, Orchestre philharmonique de Radio France, Mikko Franck; 2 CDs Erato 0190295896928; Aufnahme 2016, Veröffentlichung 28/04/2017 (89') – Rezension von Remy Franck

Zwei sehr ungleiche Kompositionen sind in diesem Album vereint, auch wenn beide das Wort ‘Enfant’ im Titel tragen. Debussys ‘L’enfant prodigue’ ist eine Kantate um das biblische Thema des verlorenen Sohnes und entstand 1884. Der Komponist gewann damit den ‘Prix de Rome’. ‘L’enfant et les sortilèges’ hingegen ist ein Werk des reifen Ravel und im Gegensatz zu Debussys Frühwerk ein anerkanntes Meisterwerk auf einen wunderbaren Text von Colette.

Von ‘L’enfant et les sortilèges’ gibt es einige sehr gute Einspielungen, angefangen mit jener von Lorin Maazel aus den Sechzigerjahren, doch diese neue Aufnahme riskiert allen den Rang abzulaufen. Mikko Franck entwickelt einen inspirierten Spürsinn für das Skurrile der Musik, und selbst wer den Text nicht versteht, wird die Geschichte durch den unwiderstehlichen Schalk und den ebenfalls nicht fehlenden zärtlichen Blick auf die Kindheit in ihren Grundzügen mitbekommen. Franck schärft den Instrumentalklang und bringt so die Solisten des ‘Philar’ brillant zur Geltung.

Die Gesangssolisten sind allesamt vorzüglich, insbesondere die im Trotz wie in der Angst sehr natürlich wirkende Chloé Briot als ‘L’Enfant’ und der in seinem Witz unschlagbare François Piolino als ‘Théière’, ‘Petit Vieillard’ und ‘Rainette’.

Debussys ‘L’Enfant prodigue’, noch im Geiste Gounods komponiert, ist ein Stiefkind der Schallplatte. Hervé Niquet hat zwar eine ganz akzeptable Aufnahme davon gemacht, aber diese hier stellt sich ohne Zweifel an die Spitze der mageren Diskographie. Mikko Franck vermeidet Pathos und Überzuckerung, ohne die Musik trocken werden zu lassen.

In der Rolle des reumütig heimgekehrten Sohnes Azaël ist Roberto Alagna eine gute Besetzung. Seine Stimme ist flexibel, sicher geführt und erreicht eine hohe Textverständlichkeit. Auch er vermeidet, auf die Tränendrüse zu drücken und bleibt eigentlich recht natürlich in seinem Gesang. Was die stimmliche Qualität angeht, ist ihm Karina Gauvin mit ihrer runden und warmen Stimme noch überlegen.

Als Füller erklingt dann noch die h-moll-Symphonie von Claude Debussy. In den Achtzigerjahren des 19. Jahrhunderts war Debussy Reisebegleiter und Hauspianist von Nadeshda von Meck, der Gönnerin Tchaikovskys. Ihr schickte er Anfang 1881 eine Symphonie, die allerdings nur aus einem Allegro-Satz bestand. Das skizzierte Autograph lag lange Zeit verborgen in russischen Archiven. Der britische Komponist Colin Matthews hat eine Orchestrierung dieser Skizzen vorgenommen, die hier zum ersten Mal auf CD erklingt. Die Musik ist relativ spektakulär und hat keine Ähnlichkeit mit anderen Werken von Debussy.

Mikko Franck conducts top accounts of both Ravel’s L’enfant et les sortilèges and Debussys’ cantata L’enfant prodigue. Franck gets superior playing from the Orchestre Philharmonique de Radio France and exquisite singing from a very good cast.

 

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