Reicha Rediscovered, Vol. 1; Antoine Reicha: Grande Sonate in C-Dur + Practische Beispiele (Nr. 4. Fantaisie sur un seul accord, Nr. 7. Capriccio, Nr. 20. Harmonie) + Sonate in F-Dur über ein Thema von Mozart + Étude op. 97/1; Ivan Ilic, Klavier; 1 CD Chandos CHAN 10950; Aufnahme 03/2017, Veröffentlichung 01/09/2017 (66'47) -Rezension von Remy Franck

Der serbisch-amerikanische Pianist Ivan Ilic wendet sich dem Beethoven-Zeitgenossen und -Freund Antoine Reicha zu. Anton oder eben auch Antoine Reicha wurde 1770 in Prag geboren und starb 1836 in Paris. Der böhmische Komponist, Musikpädagoge und Flötist, Sohn eines Stadtpfeifers in Prag, lernte Beethoven in Bonn kennen, wo er als Flötist im Orchester spielte, in dem Beethoven Bratscher war. Von 1802 bis 1808 lebte er in Wien und hatte als Komponist von Gelegenheitsmusik beachtlichen Erfolg. Im Jahre 1808 übersiedelte er nach Paris. Er lehrte er am dortigen Konservatorium und zu seinen Schülern gehören Hector Berlioz, Franz Liszt, Charles Gounod, Georges Onslow und César Franck.

Während seine Bläsermusik bekannt wurde, werden seine Klavierwerke heute nur selten aufgeführt. Und so folgt denn für den Zuhörer auf dieser CD eine Entdeckung der anderen.

Das beginnt mit dem Variationen-Werk Fantaisies sur l’harmonie précédente aus Reichas ‘Practische Beispielen’. Nun muss man sagen, dass Ivan Ilic aus diesem ‘practischen Beispiel’ mehr macht als nur trockene Theorie. Er belebt das Stück so geistreich und rhetorisch, dass man sich dabei gar köstlich amüsieren kann.

Nicht unbedingt viel seriöser geht’s in der Sonate her: auch hier spielt Ilic in den Ecksätzen mit großer Frische und Verspieltheit, um die Kühnheit der Musik zum Ausdruck zu bringen. Das gelingt ihm auch vorbildlich im Adagio, das hier viel an Tiefe gewinnt. Ilic bringt Mehrwert, ohne je zu übertreiben.

Das wiederum rhetorisch aufwändig und liebevoll gestaltete ‘Capriccio’ führt zu der zweiten Sonate jener, in der Reicha im 1. Satz Variationen über den Marsch der Priester aus dem 2. Akt der ‘Zauberflöte’ verarbeitete. Ilic spielt sie mit viel Esprit und Intelligenz.

Die beiden letzten Stücke, ‘Fantaisie sur un seul accord’ und die ‘Étude op 97/1, gehören zu den Werken, die entweder in gelehrter Trockenheit verwelken oder in Pathos ertränkt werden können. Ivan Ilic hat die Sensibilität, sie musikalisch sinnvoll werden zu lassen, ohne die Musik zu überdimensionieren. Diese Justesse der Einschätzung und die hohe Kunst des Aufputzens  kennzeichnen eigentlich das ganze Programm und machen es hörenswert. Ilics Reicha-Erkundung beginnt sehr vielversprechend.

Even in the more technical pieces from Antoine Reicha, Ivan Ilic has the feeling and the intelligence to enhance the music without any exaggeration. Not too much, not too little: Ivan Ilic’s Reich series takes a very promising start.

 

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