« Musik verstehen – Musik interpretieren », so nennt sich eine Festschrift für Siegfried Mauser zum 65. Geburtstag des rechtskräftig wegen Sexualdelikten zu einer Gefängnisstrafe verurteilten deutschen Komponisten und Pädagogen. Sie ist im Verlag Koenigshausen Neumann erschienen und erstaunt mit der Selbstverständlichkeit, mit der sie präsentiert wird und mit den Namen, die darin als Autoren vorkommen. Und sie verärgert, weil im Vorwort zumindest versucht wird, den Verurteilten reinzuwaschen: « Seine Visionen und sein unbändiger Tatendrang, die ansteckende Spontanität und begeisternde Vitalität haben ihm manche Kritik eingetragen – und sein bisweilen die Grenzen der bienséance überschreitender weltumarmender Eros hat für ihn schwerwiegende rechtliche Folgen gehabt.“

Wenn die Straftaten, die der frühere Rektor der Münchner Musikhochschule und des Salzburger Mozarteums  begangen hat, mit « weltumarmendem Eros » beschrieben werden und wenn es heißt, er habe damit die « Grenzen der biensécance » überschritten, ist das eine Reinwaschung und eine Perpetuierung all jener Bestrebungen, Mauser als harmlosen Autor von Kavaliersdelikten hinzustellen.

Es ist bedenklich, dass unter den Herausgebern und Autoren prominente Leute zu finden sind, die mit ihren Titeln nun die Institutionen, die sie vertreten, mit in die Affäre ziehen.

Die Herausgeber sind, so ist auf der Verlagsseite im Internet zu lesen: « Prof. Dr. Dieter Borchmeyer ist ein deutscher Literaturwissenschaftler und war von 2004 bis 2013 Präsident der Bayerischen Akademie der Schönen Künste;

Prof. Dr. Susanne Popp ist Institutsleiterin am Max-Reger-Institut/Elsa-Reger- Stiftung in Karlsruhe; Prof. Dr. Wolfram Steinbeck ist am Musikwissenschaftliches Institut der Universität Köln beschäftigt. »

Zu den Autoren zählen keine Geringeren als die Komponisten Aribert Reimann, Helmut Lachenmann und Wolfgang Rihm, der mittlerweile verstorbene Hans Zender, der Sänger Christian Gerhaher, die für Mauser bereits heftig eingetretene Nike Wagner und der Musikwissenschaftler und Dirigent Peter Gülke.

Gewiss, von Siegfried Mauser geht in vielen Texten nicht die Rede, Gerhaher schreibt über Deklamation in Schumanns späteren Liedern und Gülke über « keckste – Anmerkungen zu Bruckners Sechster Symphonie ». Aber diese Beiträge sind dennoch jetzt bekleckst. Man darf und muss in diesem Zusammenhang die Frage aufwerfen, welche Verantwortung alle Autoren übernehmen, weil sie ihre Beiträge angesichts der Rechtslage nicht zurückzogen. An die Opfer des Täters hat jedenfalls keiner gedacht.

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