Edward Elgar: The Dream of Gerontius; Catherine Wyn-Rogers (Engel), Andrew Staples (Gerontius), Thomas Hampson (Priester/ Todesengel); Staatsopernchor Berlin, RIAS Kammerchor, Staatskapelle Berlin, Daniel Barenboim; 2 CDs Decca 483 1585; Aufnahme 09/2016, Veröffentlichung 07/2017 (93'57) – Rezension von Uwe Krusch

Was Dvorak fünfzehn Jahre vorher nicht geschafft hatte, vollendete Elgar im Jahr 1900; die Vertonung des Textes über Gerontius. Damit gelang ihm sowohl aus eigener als auch aus Zuhörersicht sein Meisterwerk. Der Text stammt vom Geistlichen John Henry Kardinal Newman. Zunächst Pfarrer in der anglikanischen Kirche, konvertierte er nach einer Romreise zum Katholizismus. Dargestellt wird im kürzeren ersten Teil die Sterbestunde eines alten Menschen, im zweiten Teil wird die Seele vom Schutzengel an Dämonen vorbei zu Gott geführt. Das Gericht wird mit einem Fortissimoschlag des Orchesters dargestellt, danach erfolgt die Reinigung im Fegefeuer und die Aufnahme bei den Gerechten.

Elgar, selber Katholik, fand in diesem von ihm stark gekürzten Text ein passendes Sujet. Das Werk widmete er, wie vor ihm schon Bach, dem größeren Ruhm Gottes. Mit seiner Komposition, die bereits im Vorspiel die durchkomponierte hochromantische Musik und Leitmotive anlegt, verweist er auf Wagner. Aber er schlägt auch den Bogen früherer Sakralmusik, also der Renaissance. Das groß besetzte Orchester und der Chor stehen gleichberechtigt nebeneinander. Der Chor wird sowohl einfach als auch als Doppelchor oder antiphonal eingesetzt, um die verschiedenen Rollen, Freunde, Dämonen, Engel und auch die Seelen im Fegefeuer darstellen zu können.

Mit dieser neuen Aufnahme gelingt Daniel Barenboim eine neue überzeugende Interpretation. Aus seiner persönlichen Erfahrung heraus schafft er mit seinen Mitwirkenden ein von innerer Ruhe geprägtes großes Musikgemälde, das die Entwicklungslinien mit Bedacht auf die Höhepunkte, insbesondere auf den singulären Moment des Gerichts hin entwickelt.

Der Gerontius findet in Andrew Staples einen ausdrucksvollen Protagonisten, der sowohl die diesseitigen Momente als auch die im wahrsten Sinne die Seelenlage mit Innigkeit formuliert. Thomas Hampson, der zunächst den Priester, im Jenseits den Todesengel singt, kann wiederum mit klangschöner Stimme brillieren. Der Engel, den Elgar mit einer Frauenstimme besetzt hat, wird von Catherine Wyn-Rogers mit ihrem warmen Mezzo-Sopran inniglich dargeboten.

Die Hauptträger dieses Stückes sind jedoch Chor und Orchester. Der Staatsopernchor Berlin und der RIAS Kammerchor schultern diese große Aufnahme gemeinsam mit Verve. Der RIAS-Kammerchor ist schon seit langem für seinen lebendigen und leichten Stil bekannt. Doch auch der Staatsopernchor Berlin hat sich zu einem herausragenden Ensemble entwickelt, das den Vergleich mit anderen nicht zu scheuen braucht.

Die Staatskapelle ist in den Jahren mit Barenboim zu einem der herausragenden Klangkörper geworden, der weit über die deutsche Hauptstadt hinausstrahlt.

Daniel Barenboim has an unerring feeling for the structure and the musical development of Elgar’s The Dream of Gerontius, and the performance is intensely dramatic. Even if the soloists are excellent, the Staatsopernchor Berlin and RIAS Kammerchor are the splendid stars of this recording.

 

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