Charles Ives: Universe, Incomplete, The Unanswered Ives; Schlagquartett Köln, Perkussionsstudenten, Musiker von Rhetoric Project, Bochumer Symphoniker, Titus Engel, Dirigent, Christoph Marthaler, Inszenierung, Michael Beyer, Regie; Anna Viebrock, und andere; Bühne und Kostüme: Film: Anne-Kathrin Peitz; 2 DVDs Accentus Music ACC 20434; Aufnahme 08/2018, Veröffentlichung 01/2020 (129'55 + 53'18) – Rezension von Uwe Krusch

Ein szenisch musikalisches Geschehen von der Ruhrtriennale 2018 auf der einen, ein Film über den Komponisten Charles Ives auf der anderen DVD ergeben das unvollendete Universum des unbeantworteten Ives. Zeit seines Lebens wurde seine Musik weitgehend ignoriert, nun wird die Musik von Charles Ives nach und nach entdeckt. Seine Neigung zum Experiment und zum kompromisslosen Einsatz von Dissonanzen haben nur wenige Hörer erfreut, und das hat sich nicht geändert. Seine Musik in den Mittelpunkt einer Hommage bei der Ruhrtriennale zu stellen, zeugt von Mut.

Die Aufführung geht von den Fragmenten der Universe Symphony aus, die Ives nie vollendet hat. Ihm schwebte ein sich in einer bergigen Landschaft verteiltes Geschehen mit mehr als 4.000 Mitwirkenden vor, zu denen das Publikum während der Aufführung wandert. Aus diesen Fragmenten haben die Gestalter dieser Aufführung die beiden längsten Teile mit jeweils 25 Minuten Spieldauer mit anderen frühen Werken von Ives zu einem zweistündigen Ereignis zusammen. Die durchaus geräumige Jahrhunderthalle von Bochum ersetzt quasi die Berge als bewanderbare Landschaft, wobei hier die Musiker, Sänger und Schauspieler sich bewegen, während das Publikum sitzt.

Entstanden ist eine auf den ersten Blick ebenso unerklärliche wie faszinierende Performance, in der die Handelnden hin und her gerissen zwischen Realität und Traum wandeln. Den Aufführenden gelingt es, trotz der Leerstellen eine in sich zwingende Geschichte zu erzählen, die sowohl das Komplizierte und Abschreckende als auch das volkstümliche am Komponisten Ives zeigt.

Im knapp einstündigen Film The Unanswered Ives gibt Anne-Kathrin Peitz anhand von musikalischen Einspielungen als auch Stellungnahmen von Musikern und Einwohnern aus seinem Geburtsort Danbury, Connecticut, in kurzweiligen Skizzen einen freundlich zuneigenden, aber nicht überhöhenden Blick auf dieses Enfant terrible der US-amerikanischen Musikszene, der in verständlicher Form anhand des Lebenslaufs auch Zugänge zu dem musikalischen Empfinden liefert. Der in Englisch gedrehte Film hat mit Untertitel in mehreren Sprachen. So wird auch der Gegensatz deutlich, dass Ives sowohl dissonant komponierte als auch der einfachen Musik der Kleinstadt eng verbunden war, also sozusagen paradox agierte.

A performance from the Ruhrtriennale 2018 on the one and a film about the composer Charles Ives on the other DVD present the incomplete universe of the unanswered Ives. The performance is based on fragments of the Universe Symphony. Ives planned a happening in a mountainous landscape with more than 4,000 participants, to which the audience would wander during the performance. From these fragments, the two longest parts were combined with other early works by Ives into a two-hour event. The quite spacious Jahrhunderthalle in Bochum virtually replaces the mountains. The result is a performance that is at first glance as inexplicable as it is fascinating. The performers move back and forth between reality and dream and tell a compelling story that shows both the complicated and the deterrent as well as the folk-related aspect of the composer Ives.
In the almost one-hour film The Unanswered Ives musical recordings as well as statements from musicians and residents from Ives’ birthplace in Danbury, Connecticut, give in brief sketches a friendly but not exaggerated look at this enfant terrible of the US American music scene.

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