Tigran Mansurian: Canti paralleli, Postludium in memoriam, Agnus Dei in memoriam Oleg Kagan; Musica Viva Moskauer Kammer Orchester, Alexander Rudin (Violoncello und Leiter); 1 CD Brilliant Classics 95489; Aufnahme 10/2016, Veröffentlichung 06/2017 (68‘41) – Rezension von Uwe Krusch

Tigran Mansurian ist vielleicht neben dem älteren Aram Khatchaturjan der bekannteste armenische Komponist. In Beirut geboren, wurden seine Eltern nach Armenien beordert, als er neun Jahre alt war. Nach dem freien Leben in Vorderasien musste er sich im sowjetischen Reich erst einleben. Nach einiger Zeit konnte er dort die neue westliche Musik kennenlernen. Doch schuf er sich mit diesem Wissen einen eigenen Weg, der sich auf die armenische Musik stützt.

Diese Musik basiert auf den beiden Fundamenten Kirchen- und Volksmusik. Dabei entwickelt sich die Musik wie der armenische Bauer sein Feld bestellt. Der steinreichen kargen Landschaft kann Ertrag nur abgerungen werden, indem der Boden tief umgegraben und intensiv und lange gepflegt wird. Ebenso entwickelt sich die Musik in langsamen und kleinen Schritten, die lange gesangliche Bögen erlauben und benötigen.

Die vorliegende Aufnahme stellt drei Ersteinspielungen vor. Den Beginn machen acht Lieder von vier armenischen Komponisten. Jeweils zwei Texte eines Dichters werden gegeneinander gestellt und ihre Verpflechtungen zueinander untersucht. Die beiden anderen Werke, ‘Postludium’ und ‘Agnus Dei’ sind im Gedanken an Oleg Kagan   komponiert worden. ‘Postludium‘  für Klarinette, Cello und Streicher ruhte seit 1992 und wurde hier wieder erstmals aufgenommen.

‘Agnus Dei’ hat die Besetzung von Messiaens Quartett auf das Ende der Zeit, also Klarinette, Violine, Cello und Klavier. Das dreisätzige ‚Agnus Die‘ wurde zusammen mit Messiaens Werk aus der Taufe gehoben. Jeder Satz korrespondiert mit einem der drei Hauptteile der lateinischen Messe, also ‘Lamm Gottes‘, ‘Herr erbarme dich‘ und ‘Nimm die Sünden der Welt von uns‘. Die 1996 bis 2006 entstandenen Werke folgen dem bekannten Stil Mansurians.

Die aufführenden Künstler haben eine quasi natürliche Nähe zu der Musik des Armeniers. Die aus Moskau stammende und in Paris lebende Mezzo-Sopranistin Mariam Sarkissian hat sich auf das Belcantofach sowie Lied- und Kammermusik spezialisiert. Sie forscht nach unbeachteter zeitgenössischer Musik.

Julian Nilkis ist ein vielgefragter Solist in diversen Stilrichtungen. Etliche zeitgenössische Kompositionen wurden ihm gewidmet. Spivakov Schüler Anton Martynov beherrscht neben der Geige auch andere Instrumente. Das Violinspiel übt er sowohl im historisch informierten Kontext als auch auf der modernen Geige aus. Die Pianistin Daria Ulantseva ist vornehmlich in Russland an diversen Plätzen aktiv.

Das Moskauer Kammerorchester unter Leitung seines Cellisten Alexander Rudin hat sich bereits vielfach als verlässlicher Partner erwiesen, der die Musik intensiv darzubieten weiß.

Three premiere recordings of chamber works by Tigran Mansurian allow an additional view on the work of the Armenian composer. The performances convey very well the special character of this music based on Armenian tunes.

 

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