Das musikalische Geheimnis des Leonardo da Vinci; Frater Petrus: Ave Maria; Cara: Ave Maria + Tante volte si si si; Desprez: Planxit autem David; Patavino: Donne venete al ballo; Héritier: Ave Mater Matris Die; Piacenza: Bel fiore; Spinacino: Recercare; Obrecht: Agnus Dei aus Missa Fortuna Desperata; Anonymus: Fortuna dessperate + Lucrecia pulchra; Ensemble Doulce Mémoire, Denis Raisin Dadre; 1 CD Alpha 465; Aufnahme 09/2018, Veröffentlichung 05/2019 – Rezension von Uwe Krusch

Moment Mal, werden Sie denken, Leonardo da Vinci war doch ein Maler. Nun, dafür ist er bekannt, aber er war vor allem Universalgelehrter. Und dazu gehört auch die Musik. So spielte er hervorragend die Lira da braccio, sang und improvisierte. Doch von ihm komponierte Musik ist auf dieser Einspielung nicht zu hören. Sondern es erklingen Werke aus der unmittelbaren zeitlichen Nähe zu zehn ausgewählten Gemälden des großen Renaissance-Künstlers. Denn es ist überliefert, dass er im Atelier für die Modell sitzende Mona Lisa und auch die Maler Musik und andere Darbietungen anbot, um die etwas trockene Sitzung zu beleben. Dazu passt auch, dass eine der wesentlichen Neuerungen in da Vincis Malerei die lebensgerechte Darstellung von Bewegungen ist, wie man aus erhaltenen Skizzen mit mehreren Entwurfslinien sehen kann. Das kulminierte dann im Abendmahl, das die Gesten und Bewegungen in Übereinstimmung mit dem seelischen Momentum bringt.

Der Initiator dieses Projekts, Denis Raisin Dadre, hat mit seinem Ensemble Doulce Mémoire den zehn Gemälden 24 Werke vor allem der franko-flämischen Musik, die herrschende dieser Zeit, zur Seite gegeben. Erst später finden sich auch italienische Kompositionen, die erst dann hervortraten. Bei dieser Sammlung handelt es sich um ein Gedankenspiel, bei welchem Musik ausgewählt oder rekonstruiert wurde, die das in dem jeweiligen Gemälde gezeigte Sujet auf ihre Weise beleuchtet, aber auch dem Charakter des Gemäldes entspricht.

Im aufwändig gestalteten dreisprachigen Buch zum Tonträger gibt Denis Raisin Dadre neben allgemeinen Ausführungen gezielt zu jedem der Bilder weitere Hinweise. Neben einem Gesamt- und einem Ausschnittfoto des Gemäldes werden Erläuterungen zum Bild und zur Auswahl der hinzugefügten Musikstücke gegeben. Abgerundet wird die Edition mit den Texten der Musik im Original und in Französisch und Englisch.

Zum 500sten. Geburtstag von Leonardo da Vinci haben Denis Raisin Dadre und das Ensemble Doulce Mémoire nunmehr diese Aufnahme mit mehr inniger als auftrumpfender, aber immer in Bann haltender Musik vorbereitet. Der Charakter der Stücke wird durch die delikat edle Präsentation des Gesangs und des Spiels nicht nur unterstützt, sondern hervorgehoben. Man fühlt sich unmittelbar an die norditalienischen Höfe versetzt und schwelgt mit Genuss den Kunstdarbietungen. Die Gesangsstimmen stehen auf der Aufnahme im Vordergrund. Sie werden von den Mitgliedern von Doulce Mémoire mit ausgesuchter Finesse und feiner Abstimmung zueinander dargebracht. Das Instrumentalensemble bereitet den Sängern die Wege und die Bahn. So ist eine große Gabe für einen überragenden Künstler entstanden.

As Leonardo da Vinci was a polymath he also was successful as a musician with the lira da braccio and as an improvising singer. On top he had musicians in his atelier to entertain painters and models. Denis Raisin Dadre has compiled music in relation to ten paintings, and his ensemble Doulce Mémoire provides captivating performances. The character of the pieces is not only supported, but emphasized by the delicately noble presentation of the singing and playing.

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