Heinrich Ignaz Franz Biber: Mysteriensonaten + Passacaglia; Christina Day Martinson (Violine), Boston Baroque (Martin Pearlman (Cembalo, Orgel), Michael Uterman (Violoncello), Michael Leopold (Theorbe, Guitar); 2 CDs Linn Records CKD 501; Aufnahmen 03/2017; Veröffentlichung 06/2018 (120'21) – Rezension von Uwe Krusch

Zum Glück für die Interpreten und auch den potentiellen Zuhörer hört sich der Rezensent die gesamte Aufnahme an, bevor er die Tastatur bearbeitet. Denn nach den ersten Sätzen wäre die Bewertung ganz verheerend ausgefallen, da der Einstieg in die Freudenreichen Sonaten alles andere als reich an Freude ist. Die Darbietung ist, freundlich formuliert, tastend, oder auch anderes gesagt stockend, wie bei der Schaufensterkrankheit. Bei den Schmerzhaften oder auch bei den Glorreichen spielen die Interpreten dann fließende Musik.

Diese fünfzehn Sonaten über die Mysterien des Rosenkranzes werden wahlweise mit beiden Titeln bezeichnet. Sie gruppieren sich zu je fünf Werken, die freudenhaften sowie die Schmerzhaften und die Glorreichen Sonaten, denen ‘Der Schutzengel’ in Form einer Passacaglia folgt. Letztere ist für Violine allein geschrieben, die anderen mit Continuo zur Geige.

Diese Aufnahme lässt vor jeder Sonate die Skordatur erklingen, indem diese als gebrochener Klang angespielt wird. Biber nutzte dieses Verfahren, also das bewusste umstimmen einzelner Saiten, um Effekte zu erzielen oder zu ermöglichen, bei dreizehn der fünfzehn Sonaten bis hin zum Tauschen der mittleren Saiten in der Sonate ‘Auferstehung Christi’, um das Kreuz zu symbolisieren.

Dass die Bewertung auch nach dem vollständigen Hören nicht wirklich gut wird, liegt daran, dass die Interpreten aus Boston zu viele Chancen auslassen, die durch die Vorgaben angelegten abwechslungsreich darstellbaren Hörerlebnisse auch differenziert genug darzustellen. Es gibt immer wieder einzelne, wunderschön ausmusizierte Augenblicke, wie den Beginn der Passacaglia, wenn der arpeggierte Akkord mit gefühlvoller Ruhe aufgespalten wird oder auch einige fein ziselierte Verzierungen. Aber diese verhuschten Augenblicke sind zu wenig, um die ansonsten eher eintönig klingenden zwei CDs abwechslungsreich und spannend zu gestalten. Suchen Sie sich irgendeine Aufnahme aus, die Ihnen besser gefällt, sei es die schon fast drei Jahrzehnte alte mit Goebel und ‘Musica Antiqua Köln’, Holloway mit ‘Tragicomedia’, Hélène Schmitt mit Freunden, aus der neuen Welt, Ariadne Daskalakis mit dem Ensemble ‘Vintage Köln’ oder, oder, oder…

Though this new recording of Biber’s Mystery Sonatas has some good moments, the overall impression is one of a strange lack of vitality and details.

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