Richard Wagner / Cord Garben: Der Ring des Nibelungen (Kurzfassung); Linda Watson, Leonid Zakhozhaev, Stig Andersen, Marion Ammann, Jukka Rasilainen, Buenos Aires Philharmonic Orchestra of the Teatro Colón, Roberto Paternostro; Inszenierung: Valentina Carrasco; 5 DVDs C-Major 713008; Bild 16:9; Stereo & Surround; Dokumentation 'The Colón Ring - Wagner in Buenos Aires'; Live 11/12 (336' + 93') – Rezension von Remy Franck

Eigentlich wollte ich mir diesen ‘Colón Ring’ gar nicht ansehen. Es hätte mir viel Ärger erspart. Ich tat es dennoch, weil ein Rezensent ja auch eine Verantwortung gegenüber seinen Lesern hat und Hilfestellung leisten soll in einem immer breiteren Angebot an Tonträgern. Hier also mein Leidensbericht.

Das DVD-Set besteht aus einem Dokumentarfilm über die Produktion und den gekürzten Fassungen – oder soll ich gleich sagen: den amputierten Fassungen – der vier Teile des Wagnerschen ‘Rings’.

Wir hatten darüber berichtet: Katharina Wagner sollte diesen ‘Colón Ring’, so genannt, weil er am ‘Teatro Colón’ in Buenos Aires aufgeführt wurde, inszenieren. Doch die Wagner-Urenkelin kam, sah und … reiste sofort wieder ab. Die Arbeitsbedingungen waren für sie inakzeptabel. Das ‘Teatro Colón’ gab nicht auf und verpflichtete vier Wochen vor der Premiere die Regisseurin Valentina Carrasco und anstelle des ebenfalls desertierten Dirigenten Julien Salemkour den Ring-erfahrenen Roberto Paternostro.

Dieses ganze Chaos wird in der beigelegten, etwas langatmigen Dokumentation ausführlich geschildert. In dem Film darf auch Cord Garben seine Amputationsarbeit erklären. Garben sagt mit einer beispiellosen Arroganz, Wagners Ring sei einfach zu lang, es gebe weite Teile mit textlichen wie musikalischen Wiederholungen, die man problemlos entfernen könne. Ach, muss Wagner doch ein blöder Trottel gewesen sein, um so viel Sinnloses komponiert zu haben.

Doch das Resultat zeigt, wer der Trottel ist: Herr Garben! Sein amputierter ‘Ring’ ist derart unstrukturiert und zusammenhanglos, dass man diese Arbeit als einen puren Verrat am Librettisten und Komponisten Wagner bezeichnen muss. Dass Bayreuth diese Fassung autorisiert hat, kann nur etwas bedeuten: heute stehen an der Spitze des Wagner-Imperiums Leute, die definitiv da nicht hingehören.

Garben eliminierte willkürlich einige Götter aus dem ‘Rheingold’, eine der acht Walküren, Alberich ist im Siegfried arbeitslos, und die Schlüsselfigur Erda (samt Nornen) fehlt völlig.

In das übrig gebliebene Konglomerat klebte die argentinische Regisseurin eine abstruse  Vergangenheitsbewältigung argentinischer Geschichte. Aus dem Rheingold (also dem Goldschatz im Rhein) wurde ein neugeborenes Baby. Wie Alberich daraus einen Ring schmieden liess, ist ebenso rätselhaft wie vieles Andere in diesem ‘Ring’-Torso, in dem  Wotan und Fricka als Juan and Eva Perón dargestellt werden und die sieben Walküren als Falkland-Soldaten. Was Wotan mit Perón verbinden soll, muss mir gelegentlich mal jemand erklären. Bis dahin, sehe ich diese Inszenierung als eine pure Verballhornung des Wagnerschen Dramas an.

Da es auf der musikalischen Seite nicht viel besser aussieht, ist das Urteil schnell gefällt: dieser ‘Colón Ring’ ist eine einzige Katastrophe, mit einem miserablen Orchester und einem Sängerensemble, in dem ich nicht einzige gute Stimme ausgemacht habe und das als Vibrato-Team ins Guinness-Buch der Rekorde eingetragen werden sollte. « Wer über sieben Fehler verlor, hat versungen und ganz vertan! », heißt es in den ‘Meistersingern’. Damit ist alles klar.

Be warned: This shortened version of Wagner’s Ring is a disaster. The incongruous amputated body and the silly staging match the ruinous musical realization.

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