Am Rande eines Opern Air-Konzerts in Luxemburg hat sich Alain Steffen mit dem walisischen Bariton Bryn Terfel unterhalten.

Bryn Terfel

1990 begannen Sie Ihre internationale Karriere mit Mozart und haben sich kontinuierlich bis hin zu Wagners Wotan hochgearbeitet, der sicherlich einen Höhepunkt in der Karriere eines jeden Bass-Baritons darstellt. Wie werden die zukünftigen Rollen von Bryn Terfel aussehen?
Gute Frage. Ich bin jetzt Anfang Fünfzig und werde vielleicht noch zehn Jahre auf hohem Niveau singen können. Don Pasquale, Basilio in Rossinis Barbiere di Sevilla, Bartoks Blaubart, dies sind die Rollen, die in den nächsten Jahren auf mich zukommen. Ich denke, dass ich in Zukunft mehr Charakterrollen singen werde. Hinzu kommt ja auch, dass man als Sänger auf Jahre im Voraus gebucht wird und ich glaube nicht, dass ich Rollen wie Hans Sachs oder Wotan noch einmal singen werde. Denn jede Rolle hat ihre Zeit und wenn man seine Stimme nicht gefährden will, dann soll man dies berücksichtigen.

Bryn Terfel und die Bayreuther Festspiele. Ein Thema?
Hat nicht sollen sein. Es sind immer wieder Anfragen gekommen, aber ich war in dieser Zeit über viele Jahre hinweg bei den Salzburger Festspielen engagiert und war in Gérard Mortiers langfristigem Planing fest eingebunden. Und ich hatte das große Glück, dort mit Christoph von Dohnanyi, Claudio Abbado, Luc Bondy und Patrice Chereau zusammenzuarbeiten. In Salzburg habe ich z.B. Leporello, Figaro, Jochanaan, Geisterbote und Falstaff gesungen. Nein, der Zug nach Bayreuth ist für mich endgültig abgefahren.

Sie haben vorhin die Zeit angesprochen, die man für das Erlernen eine Rolle aufbringen muss. Ist das denn mit dem heutigen Jet-Set vereinbar, der ja auch vor der Klassik-Szene nicht Halt macht.
Ich denke, es liegt in der Verantwortung des Sängers, seine Rollen sehr genau vorzubereiten. Und das bereits ganz am Anfang. Die Basis muss sitzen, ehe man auf die Bühne geht, sowohl stimmtechnisch wie auch psychologisch. Sicher, der Falstaff den ich vor 20 Jahren gesungen habe, ist ein anderer als der, den ich heute singen. Man entwickelt sich weiter und wächst in die Rollen hinein. Natürlich muss ich als Interpret flexibel sein, denn ich arbeite mit sehr unterschiedlichen Dirigenten und Regisseuren zusammen. Und das ist sehr bereichernd. Aber egal wie, die Rolle die du singst, die musst du im Kern beherrschen. Alles was danach kommt, ist Feinarbeit. Rollen lernt man ja auch nicht alleine, da gibt es viele Leute, wie beispielsweise Pianisten und Coaches, die einen mitformen. Nach und nach hat man dann als Sänger, die Personen um sich herum, die einen kennen und die einen auf allen Ebenen beraten. Eine Rolle zu studieren ist wirkliche Teamarbeit.

Eine letzte Frage: Sind sie glücklich mit Ihrem musikalischen Werdegang?
Ob ich glücklich bin? Ja. Ja! Auf jeden Fall. Vielleicht weil ich den gleichen vorsichtigen, überlegten und breitgefächerten Weg eingeschlagen habe, wie viele meiner verehrten Kollegen vor mir: José van Dam, Samuel Ramey, James Morris oder George London. Sie alle haben mit kleinen Rollen angefangen, sich vorsichtig und intelligent an die großen Partien gewagt, haben immer wieder Liederabende gesungen und sind regelmäßig im Konzert aufgetreten. Nur so kann man lange Freude an diesem wunderbaren Beruf haben.

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