Benjamin Britten: Violinkonzert + Doppelkonzert für Violine, Viola, Orchester; Baiba Skride, Violine, Ivan Vukcevic, Viola, ORF Radio-Symphonieorchester Wien, Marin Alsop; # Orfeo C220021; Aufnahme 10.2021 + 05.2022, Veröffentlichung 02.02.2024 (59'00) – Rezension von Uwe Krusch

Während Brittens Violinkonzert kurz nach seiner Entstehung eine triumphale Premiere erlebte, wurde das 1932 entworfene Doppelkonzert Dank der inklusive Instrumentierung detaillierten Vorgaben erst 1996 von Colin Matthews in eine Partitur überführt und 1997 uraufgeführt. In beiden Kompositionen zeigen sich für die Schreibweise Brittens typische Merkmale. Die virtuose Schreibweise der Solostimmen im Doppelkonzert, der tänzerische Schlusssatz und vor allem die überraschende Rückkehr des ersten Satz im Finale gehören beispielsweise zu seinen originellen Ideen.

Im Violinkonzert bietet Baiba Skride eine zutiefst vom schönen Spiel inspirierte Lesart an. Alle zeitgeschichtlichen und persönlichen Aspekte, die man in Brittens Werk hinein zu interpretieren hat, werden von ihrem geschmeidigen Ton aufgefangen. Dass sie aber auch den dem Werk immanenten schwierigen Aspekten nicht ausweicht, wird deutlich, wenn sie etwa im dritten Satz ihren Part mit intensiver Trauer und Anteilnahme, aber ohne einen Ansatz von Verzweiflung intoniert. Auf diesem Weg nimmt sie das 1939 verstörend wirkende Umfeld der Weltsituation auf. Und damit ist die Musik auch heute wieder aktuell.

Das ORF-Orchester ist dabei eng und teilnehmend an ihrer Seite und bietet unter dem Dirigat von Marin Alsop eine sehr enge Verbindung zur Solistin. So schaffen sie zusammen einen fesselnden musikalischen Diskurs.

Im Doppelkonzert tritt Ivan Vukcevic, sonst Solobratscher beim Orchestra della Svizzera Italiana, hinzu. In diesem Werk pflegen die beiden Solisten einen markanteren Zugriff auf die Musik. Insbesondere Vulcevic schöpft das klanglich tiefere und damit noch voller tönende Instrument selbstbewusst aus. Das passt aber auch zu dem als Komposition kantigeren Stück, das sich als weniger jovial gibt. Teils umeinander kreisend, teils in trauter Zweisamkeit entwickeln die Solisten ihre Solostimmen mit packender Energie. Dass dabei beide auf ihre Fähigkeiten ohne Abstriche umsetzen, der Vollständigkeit halber sei es erwähnt. Das Orchester wiederum lässt sich ebenfalls nicht lange bitten und nimmt den energiegeladenen Pfad gerne mit auf.

While the violin concerto had a triumphant premiere shortly after its composition, the double concerto, which was drafted in 1932, was not turned into a score until 1996 by Colin Matthews and premiered in 1997 thanks to the detailed specifications, including the instrumentation. Both compositions display characteristics typical of Britten’s writing style. The virtuoso writing of the solo parts in the double concerto, the dance-like final movement and, above all, the surprising return of the first movement in the finale are among his original ideas.

In Benjamin Britten’s Violin Concerto, Baiba Skride offers a reading that is deeply inspired by beautiful playing. All the historical and personal aspects that have to be interpreted in Britten’s work are captured by her supple tone. However, she does not shy away from the difficult aspects inherent in the work, as becomes clear when she intones her part in the third movement with intense sadness and sympathy, but without any hint of despair. In this way, it picks up on the disturbing world situation in 1939 and sadly connects with our time.

The ORF Vienna Radio Symphony Orchestra is close and participatory at her side and offers a very close connection to the soloist under the baton of Marin Alsop. Together they create a captivating musical discourse.

Ivan Vukcevic, otherwise principal violist with the Orchestra della Svizzera Italiana, joins them in the double concerto. In this work, the two soloists take a more distinctive approach to the music. Vulcevic in particular confidently exploits the deeper and therefore fuller-sounding instrument. However, this also suits the more angular composition, which is less jovial. Partly circling around each other, partly in intimate togetherness, the soloists develop their solo voices with gripping energy. For the sake of completeness, it should be mentioned that both perform their abilities without compromise. The orchestra, in turn, does not take long to join in and is happy to follow the energetic path.

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