Yannick Nézet-Séguin
Photo: Marco Borggreve

Das 24. Musikfest Bremen findet vom 24. August bis 14. September statt. Intendant Thomas Albert leistet sich den Luxus auf klassische Konfektionsware zu verzichten, die man so oder ähnlich auch hier, da oder dort hören könnte. So wird aus dem Musikfest ein Fest der Musik. Die Zutaten: Renaissance- und Barockmusik, Zeitgenössisches, Klassiker der Orchesterliteratur, brillante Kammermusik, Opern- und Musiktheaterproduktionen, Jazz und Crossover, vielversprechende Talente und gefeierte Stars.

Die ideale Einstimmung auf das Musikfest ist das traditionelles Eröffnungs-Spektakel am 24. August: Für ‘Eine große Nachtmusik’ verwandelt sich die illuminierte historische City der Hansestadt in einen einzigartigen Festspielbezirk und die Besucher können ihr persönliches Wunschkonzert zusammenstellen. Zur Auswahl stehen 24 Konzerttermine in drei Zeitblöcken (19.30; 21.00; 22.30) an acht eindrucksvollen Spielstätten, darunter die Glocke, der St. Petri Dom, das Rathaus Bremen oder ‘Unser Lieben Frauenkirche’. Im Angebot sind so illustre Gäste wie das Rotterdam Philharmonic unter Yannick Nézet-Séguin, das Ensemble Gli Incogniti mit Werken des Barock-Komponisten Arcangelo Corelli, der vor 300 Jahren starb. Weitere Delikatessen sind neben einem Auftritt des Pianisten Kit Armstrong als Liedbegleiter auch die Konzerte von ‘Les Vents des Musiciens du Louvre Grenoble’ mit Mozart-Bläserserenaden sowie als raffinierter Kontrast Jazziges mit dem Trio des Pianisten Neil Cowley und der Ibrahim Maalouf Band.

Die Fortsetzung der langjährigen Tradition der Mozart-Opern beim Musikfest Bremen erfolgt in diesem Jahr mit Mozarts Frühwerk ‘Lucio Silla’. Marc Minkowski dirigiert eine halbszenische Koproduktion mit den Salzburger Festspielen und der Stiftung Mozartteum Salzburg im ‘Musical Theater’. In der Titelpartie sind neben Rolando Villazón auch Olga Peretyatko (Giunia) und Inga Kalna (Lucio Cinna) zu erleben. Begleitet werden sie von den Originalinstrumenten der ‘Musiciens du Louvre Grenoble’.

Nach seiner umjubelten Version von Mozarts ‘Zauberflöte’ kehrt Peter Brook nach Bremen zurück: Der britische Regisseur (88) wird mit einer Produktion des Pariser ‘Théâtre des Bouffes du Nord’ in Bremen gastieren, diesmal mit dem international gefeierten Kammerspiel ‘The Suit’, einem Stück über Liebe, Treue und Vergebung, das im BLG-Forum Überseestadt aufgeführt wird. ‘The Suit’ erzählt, untermalt durch Musik von Schubert und Miriam Makeba, die bewegende Geschichte eines südafrikanischen Ehepaars zur Zeit der Apartheid, das in den 1950er-Jahren in einem südafrikanischen Township lebt. In ‘The Suit’ bleibt Brooks seiner ästhetischen Überzeugung treu, dass großes, bewegendes Theater auch ohne große Besetzungen und szenischen Aufwand möglich ist.

Konzerte mit einigen der besten Stimmen der Gegenwart sind fester Bestandteil des Musikfest-Programms. Die lettische Sopranistin Kristine Opolais singt Auszüge aus Tchaikovskys ‘Eugen Onegin’ und Verdis ‘Otello’. Das ‘City of Birmingham Symphony Orchestra’ dirigiert Opolais’ Ehemann, der Lette Andris Nelsons.

Richard Wagner, neben Verdi der zweite große Jubilar des Jahres 2013, wird mit einem Konzert der Bremer Philharmoniker gewürdigt, die unter Leitung ihres Chefdirigenten Markus Poschner einen Querschnitt aus dem ‘Ring des Nibelungen’ präsentieren. Für Mahlers ‘Lied von der Erde’ konnte die holländische Mezzosopranistin Christiane Stotijn gewonnen werden, den Orchesterpart übernimmt das junge britische Ensemble Aurora Orchestra. Die Sopranistin Eva Mei präsentiert raffinierte Salonmusik von Rossini und Giordignani. Mit Liedern von Brahms und Strauss stellt die Sopranistin Christine Schäfer ihre interpretatorische Vielseitigkeit unter Beweis.

Für Freunde der historisch informierten Aufführungspraxis, die spannende Begegnungen mit neuem Repertoire aus dieser Blütezeit der Musikgeschichte schätzen, ist reichlich gesorgt: So bietet das Ensemble ‘Le Concert Spirituel’ im Dom von Verden die Gelegenheit, die 40-stimmige ‘Missa sopra Ecco si beato giorno’ zu hören, die Alessandro Striggio in der Mitte des 16. Jahrhunderts für einen Festgottesdienst im Dom von Florenz komponierte. Michelangelo Falvettis ‘Il diluvio universale’ (1682), ein dramatisches Oratorium als  Schilderung der biblischen Sintflut, hat der argentinische Dirigent Leonardo García Alarcón entdeckt. Er führt diese Rarität mit dem Ensemble „La Capella Mediterranea“ und dem Kammerchor von Namur auf. Cantus Cölln unter Leitung von Konrad Junghänel stellt eine Marienvesper aus dem Salzburger Dom vor, bei unter anderem Psalmvertonungen des Salzburger Hofkapellmeisters Heinrich Ignaz Franz von Biber erklingen. Mit Vivaldis ‘L’incoronazione di Dario’ (1717) setzt das Musikfest seine Reihe mit Opern des Venezianers fort, Mitwirkende bei der konzertanten Aufführung in der Bremer Glocke sind die Accademia Bizantina unter Leitung von Ottavio Dantone und unter anderem auch der Contertenor Franco Fagioli. Der Viola-Virtuose Jordi Savall stellt seine Version von Bachs ‘Ein Musikalisches Opfer’ BWV 1079 zur Diskussion. Die Gambenistin Hille Perl kontrastiert Historisches mit Musik von John Cage, die der Bandeonist Per Arne Glorvigen spielt – diese Begegnungen finden genreübergreifend in der Kunsthalle Bremen statt, im Niederländer-Saal sowie im Licht- und Klangraum zu John Cage.

Abgerundet wird das Musikfest-Programm unter anderem durch den Auftritt des polnischen Pianisten Rafal Blechacz (Chopin, Bach, Beethoven), zwei Abende mit dem Quatuor Ebène (Haydn, Bartók, Mendelssohn) sowie einen Kammermusikabend mit der Pianistin Lise de la Salle und der Geigerin Fanny Clamagirand. Die Lautenistin Christina Pluhar und ihr Ensemble ‘L’Arpeggiata’ stellen Lieder und Instrumentalmusik aus dem Mittelmeerraum vor. Und schließlich gibt es noch die Reihe ‘Suprise’ mit ihrer bunt schillernden Mischung aus Neuem, Aufregendem und Virtuosem, das sich der Etikettierung als E- oder U-Musik konsequent verweigert.

Weitere Informationen unter www.musikfest-bremen.de.

 

  • Pizzicato

  • Archives