Auf das Placet der Bis repetita vertrauend, hat Peter Sellars, nach dem überwältigenden Erfolg seiner inszenierten Matthäus-Passion in der Berliner Philharmonie, Bachs Johannes-Passion nach dem gleichen Muster auf die Bühne gebracht. Eine Neuauflage mit neuen Ideen und einigen Einfällen, die ins ‘déjà vu’ gehören, aber generell ist diese Johannes-Passion keine Bildkopie der Matthäus-Passion.
Gültigkeit behalten unsere Feststellungen bezüglich des ersten Films: Was der Zuschauer am Bildschirm erlebt, hat keiner im Saal so gesehen. Die zahlreichen Kameras sind in dieser Produktion ein essentielles Element. Die Intensivierung von Text und Musik erreicht Sellars durch Bewegung, durch Blicke, durch Gesten, durch Berührungen. Das kann nur die Kamera in ganzer Deutlichkeit transportieren, aufbauend auf Bachs genialer Musik, die immer im Mittelpunkt bleibt.
Natürlich kommt die dramatischere und kürzere, prägnantere Johannes-Passion Sellars entgegen, und es war wohl richtig, die beiden in der Reihenfolge zu präsentieren, wie das in Berlin geschah.
Ob es richtig war, dieselben Solisten wieder zu verpflichten, ist eine andere Frage. Ich tendiere eher dazu, sie zu verneinen, denn beim Zuschauer erweckt das den Eindruck der Reproduktion, und man sucht nach Vergleichen, was eigentlich überflüssig sein sollte.
Sängerisch ist der Evangelist Mark Padmore wiederum überragend. Anders als in der Matthäus-Passion hat er nicht neben seinem Part auch die Rolle des Jesus zu spielen, da Christian Gerhaher, der Sänger des Christus in der Matthäus-Passion, statisch einige Meter über dem Geschehen stand. Hier ist Gerhaher in den Rollen des Petrus und des Pilatus zu hören und zu sehen sowie als Interpret der Bass-Arien. Er wird als Verräter und Ungerechter zur Schlüsselfigur der Passion, zum doppelten Schuldträger. Die Einsamkeit beider Figuren arbeitet Gerhaher nicht nur darstellerisch, sondern auch sängerisch optimal heraus. Magdalena Kožená differenziert ihren Gesang sehr fein, während Camilla Tilling auf mehr Glanz setzt. Topi Lehtipuu überzeugt in den Tenorarien.
Rattles Bach ist leicht, transparent, farbig, oft tänzerisch. Die Dramatik der Partitur schärft er aber nicht, wie das andere Dirigenten getan haben, im Gegenteil, er legt besonderes Gewicht auf die Eindringlichkeit gerade der musikalisch ruhigeren Teile und wertet sie als meditative Einlagen im dramatischen Geschehen auf,
Die Chöre sind über ihr schauspielerisches Potenzial hinaus, von phänomenaler vokaler Wirkung.
After a highly successful staging of Bach’s St. Matthew Passion, Peter Sellars and Simon Rattle collaborate again for the St John Passion which obviously is easier to stage than the other, more contemplative and much longer work.