Richard Wagner: Tristan und Isolde; Juyeon Song (Isolde), Roy Cornelius Smith (Tristan), Tamaro Gallo (Brangäne), John Paul Huckle (Marke), Brian Davis (Kurwenal), Alexander Kaimbacher (Melot, Hirt, Seemann), Siarhei Zubkevich (Steuermann), Ostrava Opera Men’s Chorus, Janacek Philharmonic Orchestra, Robert Reimer; 3 CDs Navona Records NV6321; Aufnahme 09/2020, Veröffentlichung 20/11/2020 (211') - Rezension von Remy Franck

Wenn ein amerikanisches Independent-Label eine Aufnahme von Wagners Tristan und Isolde auf den Markt bringt, dann versursacht das zunächst einmal ein Anheben der Augenbrauen als Zeichen der Skepsis. Eine Oper, die kaum ein Opernhaus noch zufriedenstellend besetzen kann, mit einem Orchester, das kaum Wagner-Erfahrung hat, einer zierlichen Koreanerin als Isolde und einem amerikanischen Tristan, der die Rolle 2018 erstmals gesungen hat? Aber es braucht nicht lange, wenn man dann die Aufnahme startet, bis sich Skepsis in Erstaunen wandelt, und das umso mehr, als es sich um eine Liveeinspielung handelt.

Die Integrität und packende Kraft dieses Tristans kann man nicht leugnen. Klar, das Niveau der absoluten Referenzaufnahmen der Oper erreicht diese Einspielung, die im Penderecki-Zentrum in Luslawice entstand, nicht, aber sie ist zweifellos zu den sehr guten Aufnahmen der Wagner-Oper zu zählen (Angeführt wird das Spitzenfeld des Angebots m.E. von Karajan-Vickers-Dernesch, Böhm-Windgassen-Nilsson, Furtwängler-Suthaus-Flagstad und Karajan-Vinay-Mödl).

Von diesem großartigen Erfolg kann sich zweifellos der Dirigent Robert Reimer einen größeren Teil abzweigen. Dank seines suggestiven Dirigierens gibt es dreieinhalb Stunden lang erlebte und gelebte Musik, kraftvoll vereinnahmend auch im leisesten Piano. Mit einer guten dynamischen Kontrolle, vielen Nuancen in den Farben und einer exzellenten Balance erreicht der Dirigent ein Maximum an Wirkung, zeigt aber auch, wie sehr er das Orchester beeinflussen kann, wie stark mithin die Kraft seiner Ausstrahlung auf die Musiker ist.

Die Janacek Philharmonie antwortet mit einem sehr engagierten, farbigen, bestens ausgewogenen und die ganze Oper hindurch aufmerksam intensiven Musizieren.Das ist schon eine gute Basis für eine atmosphärisch dichte, tief durchgeatmete und packende Aufnahme.

Der amerikanische Tenor Roy Cornelius Smith ist ein sehr souveräner Tristan, der stimmlich so sicher und unangestrengt singt, dass er sich voll auf die Gestaltung der Rolle konzentrieren kann. Er liebt leidenschaftlich und stirbt fieberhaft, emotional zutiefst involviert. Seine kräftige, warme Stimme bleibt immer klangschön mit sicheren und außergewöhnlich leuchtenden Spitzentönen

Juyeon Songs Isolde ist nicht weniger gut: Ihre Stimme mag etwas eng sein und vom Timbre her gewöhnungsbedürftig, aber sie ist eine hochdramatische Sängerin, die völlig in ihrer Rolle aufgeht und eine starke, eine leidenschaftliche Isolde singt. Man wundert sich wirklich, wo diese zierliche Sängerin die Kraft hernimmt, um die anfordernde Rolle mit so großer stimmlicher Kraft und sehr ausdrucksstark zu singen.

Tamaro Gallo ist eine großartige, darstellerisch beeindruckende Brangäne, John Paul Huckle ein guter Marke, Brian Davis ein zuverlässiger Kurwenal.

Die Nebenrollen werden nicht weniger gut bewältigt, die Chöre sind tadellos, und so haben wir es hier, wie schon gesagt, mit einer ganz hervorragenden, auch klangtechnischen guten Aufnahme zu tun, in der neben den Sängern auch das Orchester singt.

When an American independent label launches a recording of Wagner’s Tristan und Isolde, one might raise the eyebrows as a sign of scepticism. An opera that hardly any opera house can cast satisfactorily, with an orchestra that has hardly any Wagner experience, a petite Korean woman as Isolde and an American Tristan who sang the role for the first time in 2018? But it doesn’t take long, once the recording is started, for scepticism to turn into amazement, all the more so as this is a live recording.
The integrity and gripping power of this Tristan cannot be denied. Of course, this recording, which was made in the Penderecki Centre in Luslawice, does not reach the level of the absolute reference recordings of the opera, but it is undoubtedly one of the very good recordings (in my opinion, the top of the list is headed by Karajan-Vickers-Dernesch, Böhm-Windgassen-Nilsson, Furtwängler-Suthaus-Flagstad and Karajan-Vinay-Mödl).
The conductor Robert Reimer can undoubtedly take a larger share of this great success. Thanks to his suggestive conducting, the music is powerfully engaging during three and a half hours. With a good dynamic control, many nuances in the colours and an excellent balance, the conductor achieves a lot, but also shows how much he can influence the orchestra, how strong the power of his charisma is on the musicians.
The Janacek Philharmonic responds with a very committed, colourful, well-balanced and attentively intense music-making throughout the opera.
This is already a good basis for an atmospherically dense, deeply breathed and gripping performance.
The American tenor Roy Cornelius Smith is a very sovereign Tristan, who sings vocally so confidently and effortlessly that he can fully concentrate on the interpretation of the role. He loves passionately and dies feverishly, with secure and extraordinarily brilliant top notes and a lot of emotion.
Juyeon Song’s Isolde is no less good: her voice may be a little tight and lack the usual timbre qualities for the role, but she is a highly dramatic singer who is completely absorbed in her role and sings a strong, passionate Isolde. You really wonder where this petite singer gets the strength to sing the demanding role with such great vocal power and expressivity.
Tamaro Gallo is a great, dramatically impressing Brangäne, John Paul Huckle a good Marke, Brian Davis a reliable Kurwenal.
The supporting roles are no less well cast, the choirs are impeccable, and so, as already mentioned, we are dealing here with a quite outstanding recording, also in terms of sound.

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