
Der amerikanische Pianist David Korevaar setzt seine Gesamtaufnahme der Beethoven-Sonaten fort. Er startet mit der 11. Sonate, deren ersten Satz er bei allem Fluss mit vielen Nuancen und Akzenten ungemein rhetorisch werden lässt. Das Adagio lässt den bewegten Hörer an einer sehr verinnerlichten und von Trauer geprägten Musik teilhaben. Darauf folgen ein wunderbar tänzerisches Menuett und ein fein differenziertes Finale.
In der 12. Sonate, jener mit dem Trauermarsch, ist Korevaars Spiel nicht nur ausgewogen, sondern auch von einer großen Darstellungskraft. Ein ähnlich vertiefendes Ausspielen von Details findet man selten.
Eine deutliche Aufwertung, wie ich sie eigentlich nur von Michael Korstick in Erinnerung habe, erfährt auch die Klaviersonate Nr. 13. Die Interpretation verbindet energische Vitalität und emotionale Tiefe mit struktureller Intelligenz
Mit einem erstaunlichen Rubato und neuartig wirkenden Akzenten und rhythmischen Verrückungen nimmt er dem ersten Satz der Mondscheinsonate zwar nicht alles Liebliche, aber er stört die Harmonie und lässt die Musik eigentlich typischer für Beethoven (und seine angeblichen Herzrhythmusstörungen) werden als das was man gemeinhin hört. Auch das Allegretto verliert so jede Beiläufigkeit, Nicht weniger interessant ist der letzte Satz der jede Geradlinigkeit und straight forward-Rhythmik verliert.
Beethovens Pastorale-Sonate ist bei Korevaar nicht pastoral. Er spielt die vier Sätze kontrastreich, um ja keine Träumerei aufkommen zu lassen, tut das allerdings längst nicht so radikal wie Korstick, dessen Interpretation spannender und lustvoller ist. Korevaar bleibt viel ernsthafter.
Aufs Ganze gesehen ist dies ein interessantes Album, das auch für den erfahrensten Beethoven-Hörer noch bereichernd sein dürfte.
American pianist David Korevaar continues his complete recording of Beethoven’s sonatas.
He begins with the Eleventh Sonata, the first movement of which he performs with many nuances and accents despite its fluidity, rendering it extremely rhetorical. The Adagio allows listeners to experience deeply interiorized music marked by sadness. This is followed by a dance-like minuet and a finely differentiated finale.
In the 12th Sonata, the one with the funeral march, Korevaar’s performance is balanced and highly expressive. Such profound attention to detail is rare.
Piano Sonata No. 13 also undergoes a significant enhancement, the likes of which I have only seen in Michael Korstick’s performances. Korevaar’s interpretation combines energetic vitality and emotional depth with structural intelligence.
With astonishing rubato, novel accents, and rhythmic shifts, he does not remove all the sweetness from the first movement of the Moonlight Sonata; rather, he disturbs the harmony, making the music more typical of Beethoven (and his alleged heart arrhythmia) than what one commonly hears. The Allegretto loses any casualness, and the last movement, losing all straightforwardness and straightforward rhythm, is no less interesting.
Beethoven’s Pastoral Sonata is not pastoral in Korevaar’s interpretation. He plays the four movements in a contrasting manner so as not to allow any reverie to arise. However, he is far less radical than Korstick, whose interpretation is more exciting and sensual. Korevaar remains much more serious.
Overall, this is an interesting album that will enrich even the most experienced Beethoven listener’s experience.