Szymanowski Philharmonie Krakau
(c) Bruno Fidrych

Eine Entdeckung, eine Enttäuschung und viel Energie. Das Konzert der Karol Szymanowski Philharmonie aus Krakau beim Beethoven Festival in Warschau war nicht der größte Erfolg. Remy Franck berichtet.

Drei Spätwerke standen bei diesem Konzert auf dem Programm, das der kanadisch-maltesische Dirigent Charles Olivieri-Munroe dirigierte. Er ist seit 2015 Chefdirigent des Orchesters in Krakau.

Da war zunächst Bedrich Smetanas Streichquartett Nr. 1 (Aus meinem Leben) in einer Orchestrierung des Dirigenten George Szell. Dieser fertigte diese Transkription 1940 an, als er, aus Europa geflüchtet, in New York am Mannes College of Music Komposition und Musiktheorie unterrichtete.

In ihrer opulenten Art gibt seine Arbeit einem groß besetzten Orchester die Möglichkeit, orchestral zu glänzen.

Dabei ist das Quartett ein sehr persönliches Werk, gezeichnet von Tragik, Krankheit und Tod. Smetana war taub geworden und vertraute seinen Schmerz, aber auch fröhliche Erinnerungen den vier Streichern an.

Gute Interpreten des Quartetts zeichnen sich dadurch aus, dass sie eher mit Schlichtheit aus diesem Leben berichten, die Musik liebevoll spielen und dabei Ehrlichkeit vor Effekt walten lassen.

George Szell hat das Nebeneinander von Fröhlichkeit und Wehmut, von Freude und Schmerz effektvoll aufbereitet, und vom Geist des Quartetts bleibt bei ihm nichts übrig. Seine Orchestrierung ist eine Neuschöpfung, in der die Intimität und die Unmittelbarkeit der Gefühlswelt des Originalwerks völlig verloren gehen. Einige werden das als Verrat am Werk und am Komponisten ansehen, zumal das Ganze einen etwas zu starken Tschingdarassabum-Charakter hat.

Szymanowski Philharmonie Krakau
(c) Bruno Fidrych

Gerade das nutzte Charles Olivieri-Munroe aus, um die Musik mit viel Impetus und Glanz wirkungsvoll werden zu lassen. Szell hätte es gemocht, aber Smetana? Nun, der war ja taub!

Was danach folgte, hätte ich am liebsten auch nicht gehört. Es war eine der uninspiriertesten und undifferenziertesten Interpretationen der Vier Letzten Lieder von Richard Strauss, die ich je gehört habe. Die Sängerin Anna Gabler sang eisig gleißend, monochrom, man verstand kein Wort, und im Orchester klang nichts nach Strauss. Farbarm, kein Atem, keine Sensualität, Strauss aus dem Kühlhaus.

Mit Antonin Dvoraks Heldengesang op. 111 knüpfte Charles Olivieri-Munroe an die Szell-Version des Smetana-Quartetts an -die Dvorak-Tondichtung ist ebenfalls opulent, um nicht zu sagen triumphal, und, bis auf einen kurzen Trauermarsch, voll knalliger Energie. Auch ein Spätwerk übrigens, wie die beide anderen Stücke des somit thematisch einheitlichen Konzerts. Erstaunlicherweise klang das Orchester nach dem klebrigen Klangbrei in den Strauss-Liedern bei Dvorak schlank und transparent, die Musik hatte Konturen und Formen. Nach dem verhaltenen Applaus beim Strauss gab es hier etwas mehr davon, aber das Publikum wusste sehr wohl, dass es keinen Festival-Höhepunkt erlebt hatte.

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