Der Kursaal im Grand Resort Bad Ragaz

Mit dem festlichen Abschlusskonzert ist am Freitag im Grand Resort in Bad Ragaz das VP Bank Classic Festival zu Ende gegangen. Remy Franck zieht die Bilanz der 10. und letzten Ausgabe dieses Festivals, bei dem die Next Generation wiederum im Mittelpunkt stand.

Beim finalen Konzert traten erneut die beiden Artists in Residence auf, der deutsche Cellist Christoph Heesch und der ukrainische Pianist Dmytro Choni, im Duo und zusammen mit dem Ensemble Esperanza.

Christoph Heesch werden wir als exzellenten Kammermusiker in Erinnerung behalten, ein Gebiet, wo er sich hörbar wohlfühlt und viel zu sagen hat. Sein musikalisches Verständnis, sein gutes Gespür für die in der Musik enthaltenen Botschaften und übergreifende Zusammenhänge sind wichtige Elemente für prägnante Interpretationen. Schuberts Streichquintett op. 163 etwa erlebte in dem von ihm gestalteten Konzertabend in der Kirche von Bad Ragaz eine tiefschürfende und ergreifende Interpretation. Beim Abschlusskonzert zeigte sich Heesch freilich auch als sehr agiler und ausdrucksvoller Interpret in David Poppers Ungarischer Rhapsodie für Violoncello und Streichorchester, begleitet vom Ensemble Esperanza.

Dmytro Choni
(c) Andreas Domjanic

Dmytro Choni festigte beim Festival meine Überzeugung, dass er sich in den kommenden Jahren als einer der großen Interpreten am Klavier etablieren wird. Er ist in einem breiten Repertoire zuhause und findet für jeden Komponisten, dessen Werke ich mit ihm gehört habe, den genuin richtigen Zugang in technisch ausgefeilten Interpretationen, deren ernsthafter und intelligenter Ansatz zu unmanierierten, sehr natürlichen Darbietungen führt, die wirklich nie Beliebigkeit zeigen, sondern immer spannend sind. Seine Kunst des Phrasierens, des Singens, des Abtönens, aber auch die Kontrolle der Dynamik, die Transparenz und gegebenenfalls auch die stupende Virtuosität sind überragend. Von seinem Spiel geht somit immer die Aura höchsten künstlerischen Anspruchs und feinster Sensibilität aus.

Die Bestätigung seines Talents lieferte auch der 16-jährige Cellist Philipp Schupelius, der in diesem Jahr von den International Classical Music Awards (ICMA) mit dem Discovery Award ausgezeichnet wurde.

Philipp Schupelius
(c) Andreas Domjanic

Seine Interpretationen, solo, im Duo und im Trio waren höchst intensiv, latent gespannt selbst in den minutiös ausgehörten Ruhephasen. Schupelius kann sich leidenschaftlich in die Musik versenken, ohne diffuse Gefühligkeit zuzulassen. Die jugendlich frische Geste bleibt nicht aus in einem Spiel, das gleichzeitig von einer guten Beherrschung der musikalischen Verläufe und vor allem auch der makellosen Intonation zeugt. Beim Galakonzert der ICMA in Sevilla wird Philipp Schupelius im Cellokonzert von Edward Elgar zu hören sein. Darauf freue ich mich jetzt schon.

Und eine weitere Bestätigung von höchstem musikalischem Niveau lieferte das ganze Festival über und auch im Abschlusskonzert das Ensemble Esperanza unter der Leitung von Konzertmeisterin Chouchane Siranossian.

Ensemble Esperanza
(c) Andreas Domjanic

Dieses Ensemble, das sich aus jungen, vielfach preisgekrönten Solisten zusammensetzt, die individuell einer Solisten- oder Kammermusik-Karriere nachgehen, habe ich gleich am ersten Abend als Klangkultur-Aktivisten identifiziert. Beim Abschlusskonzert zeigten sie in Bela Bartoks Rumänischen Tänzen erneut ihr Können. Mit der Radikalität der geistigen Konzentration und dem von Spielfreude genährten Temperament gelang es ihnen, das Tänzerische zu betonen und die Farben aufzufrischen. Die Präzision und die Brillanz der Musik waren in dieser inspirierten Darbietung einmal mehr phänomenal. Dieses Stück wird auf der nächsten Schallplattenproduktion von Esperanza bei Ars Produktion ebenso zu hören sein wie Shostakovichs Kammersymphonie op. 110a. Wenn es den Musikern im Studio so gelingen wird, die zerbrechlich-intensive Atmosphäre dieser Komposition so wiederzugeben wie im Konzert, dann kann mit einer referenzwürdigen Aufnahme gerechnet werden. Die bannende Magie der Konzertaufführung – ich habe das Werk, wie gesagt, noch nie besser und packender gehört –  ist nachhaltig genug, um mich diese Behauptung aufstellen zu lassen.

  • Pizzicato

  • Archives