Johann Sebastian Bach: Motetten BWV 225-230; Vincenzo Bertolusi: Osculetur me osculo oris sui, Giovanni Gabrieli: Jubilate Deo, Jakobus Gallus: Ecce Quomodo moritur justus; Pygmalion, Raphaël Pichon; 1 CD Harmonia Mundi HMM 902657; Aufnahme 07/2019, Veröffentlichung 09/2020 (78'08) – Rezension von Uwe Krusch

Einen eigenen musikalischen Kosmos machen die sechs Motetten im Schaffen von Johann Sebastian Bach aus. Die Meisterschaft in diesen Werken hat er aus dem Florilegium portense geschöpft. Diese Sammlung umfasst 365 Motetten von knapp fünf Dutzend Komponisten, an deren Vorbilder Bach anknüpfte und seine eigenen Lösungen entwickelte. Deswegen hat Raphaël Pichon aus diesem musikalischen Almanach der Zeit drei prägende Motetten zwischen die Werke von Bach gesetzt, um die Verbindung und Bedeutung zu charakterisieren und zu verdeutlichen.

Neben einer teilweise erforderlichen Continuo Gruppe wirkt nur der Chor Pgymalion mit. Unter dem Dirigat von Pichon erklingen diese Motetten, eigentlich Trauermusiken mit christlichen Texten, so angeregt, geradezu tänzerisch, dass sie lebendig erstrahlen.

Unschwer lässt sich erhören, mit welcher Intensität Pichon selber diese Werke über lange Zeit verinnerlicht hat und wie er seine eigene Begeisterung auch dem Chor vermitteln konnte. Vielleicht hätte man sich noch einen Hauch deutlicherer Artikulation des Deutschen gewünscht, aber das ist eine Kleinigkeit im Vergleich zu der durch und durch gelungenen Interpretation.

Der Chor singt ausbalanciert und auch nimmt die enthusiastische Sicht des Dirigenten auf. Doch er agiert nicht nur flüssig und frisch, sondern kann ebenso lyrisch gestalten. Die Intonation gelingt makellos und der Klang ist klar und leicht. Pichon gelingt, seine seit seiner Jugend gewachsene Verbindung mit diesen Werken als unerschütterliche Kraft des Glaubens durch den Chor hörbar zu machen.

Die polyphonen italienischen Vorbilder wie Giovanni Gabrielis Jubilate Deo, die Pichon beigefügt hat, zeigen dem Interessierten die Fundamente, aus denen Bach seine Werke selbst nahm. Und allen Hörern bieten sie eine sinnvolle Ergänzung für die ohnehin so wertvollen Motetten aus der Feder von Bach.

In Bach’s oeuvre the six motets are a musical cosmos of their own. He drew the mastery in these works from the Florilegium portense. This collection comprises 365 motets by almost five dozen composers, whose models Bach took up and developed. This is why Raphaël Pichon has placed three motets from this musical almanac between the works of Bach in order to characterise and clarify the connection.
Apart from a partly necessary continuo group, only the choir Pgymalion is involved. Under the direction of Pichon, these motets, actually funeral music with Christian texts, sound so animated, almost dance-like, that become very lively. It is not difficult to hear the intensity with which Pichon himself acquired these works over a long time and how he was able to convey his own enthusiasm to the choir. Perhaps one would have wished for a more distinct articulation of the German, but that is nothing compared to the thoroughly successful interpretation.
The choir’s singing is well-balanced, fluent and fresh. The intonation is flawless and the sound is clear and light.
The polyphonic Italian models such as Giovanni Gabrieli’s Jubilate Deo, which Pichon added, show the interested listener the foundations from which Bach himself took his works. And they offer all listeners a useful addition to the already so valuable Bach motets.

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