Johann Sebastian Bach: Sonaten für Viola da Gamba und obligates Cembalo, BWV 1027–1029, Fassung für Viola und Klavier; Arvo Pärt: Fratres + Spiegel im Spiegel; Annette Bartholdy, Viola, Benjamin Engeli, Klavier; 1 CD Prospero Classics 197186997498; Aufnahme 07.2022, Veröffentlichung 06.01.2023 (58'59) – Rezension von Uwe Krusch

Annette Bartholdy hat auf ihrer Bratsche ein Programm realisiert, das Johann Sebastian Bach in den Mittelpunkt stellt und das mit zwei Kompositionen von Arvo Pärt angereichert ist. Dabei sieht sie, trotz der Unterschiede, unter anderem die religiöse Komponente in der Musik beider Komponisten, die für eine gemeine Einspielung prädestiniert.

Bartholdy legt die Musik aktiv an, statt sie sich entwickeln zu lassen. Bach serviert sie in athletisch angehauchten Interpretationen, die Engeli für den Tastenpart aufgreift. Mit flotten Tempi in den schnellen Sätzen zeigt sie, dass sie ihr Instrument und auch die Gestaltung der Werke beherrscht. In den langsamen Sätzen gibt sie der Musik mehr Raum, sich aus sich heraus zu entfalten. Bei den drei Sonaten erzielt sie damit gute Ergebnisse, vermittelt sie doch immer gestalterische Bögen, die die Sätze überspannen. Mit den geschwinden Tempi hält sie die Bewegung am Laufen und gibt der Musik damit drängenden Charakter.

In Fratres von Arvo Pärt wirkt mir die Stimme der Viola, gerade am Anfang, zu aktiv. Die Bratscherin gestaltet hier bewegte Wellen, wo mir leichte Dünung mehr vermittelt hätte. Zwar erzielt sie damit auch einen interpretatorischen Gewinn einer schäumenden Anspannung, die erst mit dem Hinzutreten der Klavierstimme gelöst wird. Aber diese Spannung ließe sich auch durch eine weniger forsches Zugreifen erzielen. Als Gegenstimme dazu bietet Benjamin Engeli der Klavierstimme die Freiheit der Entfaltung, ohne deswegen an Zielgerichtetheit oder Kraft zu verlieren. Beim Werk Spiegel im Spiegel geben beide Interpreten der Musik den notwenigen Spielraum, damit sich die schlichte feine Melodie ausbilden kann.

Annette Bartholdy has realized a program on her viola that focuses on Johann Sebastian Bach and is enriched with two compositions by Arvo Pärt. Despite the differences, she sees, among other things, the religious component in the music of both composers, which predestines for a mean recording.

Bartholdy actively lays out the music rather than letting it develop. Bach serves it up in athletically inclined interpretations that Engeli picks up for the keyboard part. With brisk tempos in the fast movements, she shows that she has mastered her instrument as well as the shaping of the works. In the slow movements, she gives the music more room to unfold on its own. In the three sonatas she achieves good results with this, always conveying creative arcs that span the movements. She keeps the movement going with the rapid tempi and thus gives the music an urgent character.

In Fratres by Arvo Pärt, the viola’s voice is too active, especially at the beginning. The violist creates moving waves here, where a light swell would have conveyed more to me. It is true that she achieves an interpretative gain of a foaming tension, which is only released when the piano part enters. But this tension could also be achieved by a less brisk approach. As a counterpart to this, Benjamin Engeli offers the piano part the freedom to develop without losing its purposefulness or power. In the work Spiegel im Spiegel (Mirror in the Mirror), both interpreters give the music the necessary leeway so that the simple, fine melody can develop.

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