Motetten von Samuel Scheidt (Cantiones Sacrae) & Frank Schwemmer (Die Stimme meines Freundes); Athesinus Consort Berlin, Klaus-Martin Bresgott; 1 CD Carus 83.488; Aufnahme 06/2017, Veröffentlichung 03/2018 (74’24) – Rezension von Jan-Geert Wolff

Natürlich ist der Komponist Samuel Scheidt (1587-1656) bei den Liebhabern Alter Musik kein Unbekannter. Und dennoch steht er oft im Schatten heute berühmterer Zeitgenossen wie Heinrich Schütz. Mit der CD ‘Cantiones Sacrae’ führt das ‘Athesinus Consort Berlin’ den Meister jedoch ins warme Licht der lebendigen Interpretation.

Das von Klaus-Martin Bresgott dirigierte, zehnköpfige Vokalensemble ist topbesetzt: Die Motetten sind perfekt durchhörbar eingesungen, hier wird Homogenität Ereignis und Erlebnis zugleich. Behutsam ergänzt werden die harmonisch miteinander singenden Stimmen durch zwei Celli (Lea Rahel Bader und Alexander Nicholls) und Continuo (Arno Schneider). 17 Werke Scheidts hat Bresgott für diese Aufnahme ausgewählt, von denen allein elf hier erstmals eingespielt wurden. Man hört Psalmvertonungen und neue reformatorische Lieder, darunter Verse Martin Luthers wie in ‘Christ lag in Todesbanden’. Räumlich gestaltete Echoeffekte wie in Psalm 148 (SSWV 35 & 36), aufblühender Gesamtklang, detaillierte Soli und vor allem eine stets runde, genaue Diktion schenken dem Hörer ein vokales Kleinod nach dem anderen, wobei ein Quantum mehr an rhythmischer Finesse die Vitalität gerade dieser Musik sicherlich noch mehr unterstrichen hätte.

Doch erschöpft sich diese Produktion nicht in der Präsentation des Alten, sondern verknüpft sie mit Neuem, namentlich mit der 2016 entstandenen Motette ‘Die Stimme meines Freundes’ von Frank Schwemmer (*1961). Auch diese Musik ist tadellos intoniert mit ihren Clusterklängen, Melismen, dynamischen Verschiebungen, Flüstergesängen und zerbrechlichen Rhythmen. Die für zehn Stimmen komponierte, zweiteilige Motette steht allerdings wie ein Fremdkörper zwischen den Werken Scheidts.

Zugutehalten möchte man dieser gewagten Kombination jedoch die geschickte Anbindung durch die von den Celli gespielten Prä- und Postludien sowie die thematische Nähe zu Scheidt aus dem Hohelied und den Sprüchen Salomos, die auch schon Scheidts Zeitgenossen wie Schütz und Johann Hermann Schein zu entsprechenden Werken inspirierte. Letztlich schwankt man, ob man dem Mut zu diesen engagierten Epochensprüngen applaudieren oder rasch zu Scheidt weiterzappen soll. Die chorische Leistung ist und bleibt hier wie dort beachtlich.

Though Frank Schwemmer’s motet appears like a foreign body between the rest of this program, nothing can be said against the performance, which is as remarkable as in the 17 works by Samuel Scheidt which are presented in sophisticated performances turning them into real gems.

 

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